Er starb nach SchlaganfallDas bewegende Leben des Kult-Komikers Karl Dall

Karl Dall (1941-2020) prägte den deutschen Humor (ves/spot)
Karl Dall (1941-2020) prägte den deutschen Humor (ves/spot)

imago/teutopress

SpotOn NewsSpotOn News | 24.11.2020, 13:01 Uhr

Mit Karl Dall (1941-2020) stirbt einer der großen deutschen Komiker der jungen Nachkriegsgeneration. Die Höhen und Tiefen seines Lebens machten ihn zum Kult-Star.

„Man wird alt, wenn die Leute anfangen zu sagen, dass man jung aussieht.“ Der Tod des Komikers Karl Dall (1941-20020) ist auch das Ende einer Humor-Ära. Mit flappsigen, oft provokanten, selbstironischen und manchmal gesellschaftskritischen Sprüchen war Dall einer der prägenden Köpfe der deutschen Anarcho-Komik.

1941 wurde der spätere Kult-Komiker als Karl Bernhard Dall in Ostfriesland – wie sieben Jahre später sein Klamauk-Kollege Otto Waalkes – geboren. Dall war zweiter Sohn eines Schuldirektors und einer Lehrerin, brach aber dennoch mit 16 Jahren vorzeitig die Schule ab. Seine Augenkrankheit habe ihn zum „Klassenclown“ gemacht, so Dall später über sein hängendes Lid, das später zu seinem Markenzeichen wurde, doch als Junge und Jugendlicher zu Hänseleien geführt habe.

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Als Kind wurde Dall wegen seines Augenfehlers oft gehänselt

Im „Stern“-Interview reflektierte Dall über die prägende Zeit: „Meine Anwesenheit alleine hat die Leute provoziert. Mitschüler machten Witze über mein Äußeres, und die Lehrer konnten sich mein Gesicht immer am besten merken, vor allem, wenn’s ans Strafen ging. Da musste ich schon früh Humor entwickeln.“ Nach der Schule versuchte sich Dall, der ursprünglich Fotograf hatte werden wollen, mit einer ambitionslosen Lehre als Schriftsetzer und schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch.

Seine Berufung fand Dall als junger Erwachsener in der aufblühenden Anarcho-Kulturszene der 1960er Jahre, die von West-Berlin aus dem biederen Nachkriegsdeutschland mit Hippie-Look, langen Haaren, Bärten und provokanten Liedern frischen Wind ins Gesicht pustete. Als Teil der Kult-Kombo „Insterburg & Co“ tourte Dall von 1967 bis 1979 sehr erfolgreich durch Deutschland. Zu dritt sangen sie ihren wohl bekanntesten Song: „Ich liebte ein Mädchen“ – über erfolglose Beziehungsversuche in sämtlichen Orten Deutschlands und blödelten gemeinsam auf der Bühne vor und mit dem Publikum.

Dall spielte in Soft-Pornos mit

In den späten 1970er Jahren begann Dalls Radio- und TV-Karriere. Er startete mit eigenen Radio-Shows und Blödel-Interviews bei „Radio Luxemburg“ und „SW3“. Er etablierte sich als Sketch-Darsteller in Unterhaltungs-Shows wie Rudi Carrells „Am laufenden Band“ und bei „Verstehen Sie Spaß?“ und spielte in Kino-Filmen, darunter auch Soft-Pornos. 1985 wechselte Dall zum privaten Sender RTL: Sechs Jahre führte Dall durch seine eigene Talk-Show „Dall-As“, bei der er mit knallharten Sprüchen seine Gäste aus der Fassung zu bringen versuchte.

Die Wildecker Herzbuben nannte Dall „Wildecker Speckbuben“. Als er zu Roland Kaiser vor laufender Kamera meinte: „Na, sing schon mal, damit wir es hinter uns haben“, verließ dieser wütend das Studio. In seiner Autobiografie schrieb Dall, er habe dennoch alle Gäste bekommen, die er wollte, es sei „einfach chic“ gewesen, von ihm „verarscht zu werden.“ Tatsächlich setzte Dall mit seiner direkten Art neue TV-Maßstäbe. Später gab er sich weicher und gestand: „Mein Ruf ist schlechter als ich es selbst bin.“

Seine letzte Doku führte ihn auf den Jakobsweg

Bis zu letzt war Karl Dall als Komiker aktiv. Er tourte mit seiner Show „Der alte Mann will noch mehr“ 2016 noch einmal durch Deutschland und wanderte für die Dokusoap „Old Guys on Tour“ auf Tele5 den Jakobsweg gemeinsam mit den vier ehemaligen Showmastern Jörg Draeger, Frederic Meisner, Björn-Hergen Schimpf und Harry Wijnvoord. 1999 erhielt er für sein Lebenswerk den Deutschen Comedypreis.

Karl Dall erlitt seinen Schlaganfall, an dem er wenig später starb, wie es sich für einen Künstler ziemt: bei Dreharbeiten. Kurz vor seinem Tod hatte er ein Video zu seinem aktuellen Auftritt gepostet. Dall: „Ich habe immer auf einen Anruf aus Hollywood gewartet … Lüneburg hat angerufen!“ „Rote Rosen“ sollten sein letzter Dreh sein. Das wäre ganz sein Humor gewesen. Er hinterlässt seine Frau Barbara, mit der er rund 45 Jahre verheiratet war und seine Tochter Janina, die mit Familie in Kanada lebt und als Stuntfrau arbeitet.

(ves/spot)