Ab dem 27. April im Kino„Evil Dead Rise“: Ein Familiendrama als knallhartes Splatterfest

Schnell wird klar: Mit Mutter Ellie (Alyssa Sutherland) stimmt etwas nicht. Also so gar nicht. (stk/spot)
Schnell wird klar: Mit Mutter Ellie (Alyssa Sutherland) stimmt etwas nicht. Also so gar nicht. (stk/spot)

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SpotOn NewsSpotOn News | 27.04.2023, 16:01 Uhr

Mit "Evil Dead Rise" startet am 27. April der fünfte Film aus dem beliebten Horror-Franchise. Ohne Bruce Campbell, dafür mit neuem Setting und erfrischender Chuzpe.

Im Horror-Genre wird oft zwischen gewöhnlichem und "elevated Horror" unterschieden. Letztgenannte Unterkategorie benutzt seine Schreckenskreaturen vornehmlich als Allegorien für sehr weltliches Grauen – Ari Asters (36) "Hereditary" oder Jennifer Kents (54) "Der Babadook" sind zwei der aktuelleren Beispiele. Dem neuen Streifen "Evil Dead Rise", der ab dem 27. April in den deutschen Kinos startet, gelingt ein kleines Kunststück: Er vermählt auf ebenso tragische wie ungemein blutige Weise den wohlbekannten "Evil Dead"-Splatter mit einem erstaunlich tiefschürfenden Familiendrama.

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Eine Familie zerfällt – darum geht es

Für etwas oder jemanden Verantwortung zu übernehmen, fällt Beth (Lily Sullivan, 28) nicht leicht. Umso schockierter ist sie, als sie auf einer abgeranzten Club-Toilette einen positiven Schwangerschaftstest in den zittrigen Händen hält. Rat sucht sie schließlich bei ihrer älteren Schwester Ellie (Alyssa Sutherland, 40), die es im Gegensatz zu ihr irgendwie schafft, alleine sogar drei Kids großzuziehen.

Doch auch bei Ellie ist die Zukunft alles andere als rosig: Das marode Hochhaus, in dem sie wohnt, soll zeitnah abgerissen werden. Neben ihrer Familie wohnen daher nur noch eine Handvoll anderer Personen in der Bruchbude. Apropos: Als ein Erdbeben ein großes Loch in die Tiefgarage reißt, tritt dadurch ein geheimer Raum zutage. Darin schlummert ein wohlbekanntes Buch – und darin das pure Böse, das bald schon Besitz von Ellie ergreift.

Über 40 Jahre Horror-Evolution

Es war das Jahr 1981, als "Spider-Man"-Regisseur Sam Raimi (63) mit einer simplen wie genialen Idee und lächerlichem Budget einen Kultfilm erschuf: "The Evil Dead", hierzulande als "Tanz der Teufel" bekannt. Kein Witz, noch bis ins Jahr 2016 stand der trashig-charmante B-Movie mit Bruce Campbell (64) in Deutschland auf dem Index. Als zu grausam wurde die Geschichte rund um eine fünfköpfige Gruppe junger Menschen angesehen, die es sich in einer Waldhütte mitten im Nirgendwo gemütlich macht, das Lovecraft'sche Necronomicon findet, damit aus Versehen Dämonen beschwört und sich schließlich selbst zerfleischt.

Mit jeder Fortsetzung wurde die Reihe klamaukiger, der Höhepunkt in dieser Hinsicht war 1993 mit "Armee der Finsternis" erreicht. Erst 2013 kehrte das "böse Tote" auf der Leinwand zurück – garstig wie gelungen von Fede Alvarez (45) als Remake inszeniert. "Evil Dead Rise" orientiert sich weitere zehn Jahre später nun am Erfolgsrezept der Neuauflage, unterscheidet sich in einigen Punkten aber erfrischend drastisch.

Was zunächst paradox klingt: Der Film macht wenig und zugleich vieles neu. Alles, was in einem "Evil Dead"-Streifen vorkommen muss, ist dabei. Soll heißen: übertriebener Gore an der Grenze zur Farce, fieser Body-Horror, wenn der Dämon erst einmal Besitz von jemandem ergriffen hat – und die obligatorische Kettensäge.

Zugleich verfrachtet Regisseur Lee Cronin diese bekannte Formel auf zweierlei Weise in ein neues Setting. Statt der Waldhütte ist ein runtergekommener, abrisswürdiger Betonklotz mitten in Los Angeles der Schauplatz. Und statt postpubertärer Halbstarker und College-Kids geht es primär einer alleinerziehenden Mutter mit drei Kindern sowie ihrer Schwester an den Kragen.

"Keine Frauen, keine Kinder?"

Wie das Necronomicon in die Hände der Großstädter gerät, fällt zugegebenermaßen enttäuschend plump aus. Nichtsdestotrotz macht der Paradigmenwechsel aus "Evil Dead Rise" einen überraschend mutigen Film. In "Léon – Der Profi" hat der titelgebende Killer (gespielt von Jean Reno) nur eine Regel: "Keine Frauen, keine Kinder". "Evil Dead Rise" ist die Antithese zu diesem Gebot. Hier ist niemand – wirklich niemand – sicher.

Mit wenigen Mitteln schafft es der Film, seinen fünf Hauptfiguren Tiefgang zu verleihen. Der reale Horror einer auf sich allein gestellten Mutter, der bald buchstäblich das Dach über dem Kopf weggerissen wird. Geschwister, die mit kleinen Gesten zeigen, einander zu lieben. Die (noch) kinderlose Tante, die erstmals Verantwortung für andere übernehmen muss… In seiner Figurenzeichnung versteckt sich der bedeutendste Unterschied zu den bisherigen Teilen aus der Reihe: Statt mit morbider Geisterbahn-Faszination den nächsten Schockmoment herbeizusehnen, wünscht man sich als Zuschauer doch glatt, dass alle lebend aus dem Alptraum herauskommen. Die Einstufung FSK 18 darf als Spoiler angesehen werden, dass dieser Wunsch unerfüllt bleibt.

Mit Ausnahme von "Vikings"-Star Alyssa Sutherland baut der Film hierzu auf einen unbekannten, aber höchst talentierten Cast. Speziell die Newcomer Gabrielle Echols und Morgan Davies empfehlen sich für weitere Hollywood-Aufgaben, auch im Drama-Genre. Denn blendet man den überbordenden Splatter kurz aus, ist "Evil Dead Rise" genau das geworden – ein Familiendrama, bei dem der Begriff Patchwork letztendlich wörtlich genommen werden darf.

Fazit:

Eines vorweg: Natürlich ist "Evil Dead Rise" ausschließlich für Genre-Fans geeignet. Diese erhalten aber ein in vielerlei Hinsicht erfrischendes und in seiner Konsequenz mutiges Werk auf die Leinwand gesplattert. Oder wie es Ash aus dem Original sagen würde: "Groovy!"