DJ war viel in TherapieFelix Jaehn hat Panikattacken und Angstzustände mit Hypnose überwunden
Felix Jaehn spricht im Interview über die Zeit mit Panikattacken und Angstzuständen, die er unter anderem mit Hypnose-Therapie überwunden hat. Nun sei der DJ "ein grundlegend entspannter und glücklicher Mensch".
Felix Jaehn (27) hat eine Selbstfindungsphase hinter sich. In den letzten Jahren hatte er mit Angstzuständen und Panikattacken zu kämpfen. Diese hat der DJ und Produzent nun überwunden, wie er im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt. Nun wache er jeden Tag wieder „mit Freude“ auf. Das hört man auch in seinem energiegeladenen Album „Breathe“, das am 1. Oktober erscheint. Im Februar gab Jaehn bekannt, in einer Beziehung zu sein und seinen Partner auf Tinder kennengelernt zu haben. Was er von Dating-Apps hält und warum er aus seiner Bisexualität anfangs ein Geheimnis gemacht hat, verrät er ebenfalls im Interview.
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Ihr Album heißt „Breathe“. Die Atmung ist für Sie sehr wichtig. Welche Übungen können Sie für Stresssituationen an andere weitergeben?
Jaehn: Wann immer ich gestresst bin, versuche ich einen Ort zu finden, wo ich mich hinsetzen, hinlegen oder mich in Ruhe in eine Ecke stellen kann. Ich gehe aus dem Getümmel raus, schließe die Augen und nehme ein paar lange bewusste Atemzüge durch die Nase. Mindestens vier bis fünf Sekunden ein- und zwei Sekunden ausatmen. Dabei beobachte ich den Atem und versuche, die Gedanken im Kopf nicht festzuhalten und nicht zu verkrampfen. Das ist, glaube ich, eine schöne Übung, die nicht lang dauert, die wir immer zwischendurch machen können.
Viele Menschen tanzen zu Ihrer Musik in Clubs und Discos. Wie oft gehen Sie selbst feiern?
Jaehn: Ich gehe aktuell wieder sehr viel selbst feiern, was daran liegt, dass ich nicht so viele Shows spielen darf. Dann hatte ich Zeit, im privaten Rahmen, bei kleinen Partys, Open Airs oder Geburtstagen feiern zu gehen. Wenn ich sonst auf Tour bis zu fünf Shows die Woche spiele, habe ich natürlich nicht so viel Bock, an meinem freien Tag noch in einen Club zu gehen. Dann zieht es mich eher zur Ruhe. Aber aktuell war so viel Ruhe und Alleinsein. Ich freue mich über jede Party, die ich finden kann und habe einfach Lust zu tanzen, zu feiern und Musik zu zelebrieren. Egal ob auf der Bühne oder im Publikum.
Wie finden Sie nach dem Stillstand durch die Corona-Pandemie wieder zurück in den Alltag und Beruf als DJ und Produzent, der um die ganze Welt reist?
Jaehn: Das ist jetzt ein spannender Prozess. Ich habe mich schon manchmal in Momenten erwischt, in denen wieder viel Trubel war und ich dachte: Okay, das ist schon ganz schön crazy, ich kann jetzt mal gut wieder ein paar Tage allein zu Hause sein. (lacht) Ich habe das Gefühl, ich muss das Pensum langsam wieder hochkurbeln, mich dran gewöhnen.
Parallel bleibe ich mir einfach treu bei meiner Praxis der täglichen Meditation. Ich mache weiterhin Sport, dusche kalt, schalte abends in den Flugmodus und esse gesund. Ich habe extrem viele Dinge in meinen Alltag integriert, die mir dabei helfen, mich gut zu fühlen. Solange ich das mache und mir die Zeit nehme, auf meinen Körper zu hören, ist es auch wieder geil, dass jetzt wieder mehr Action kommt.
2019 befanden Sie sich in einer Selbstfindungsphase, in der Sie sich auch mit Selbstliebe auseinandergesetzt haben. Sie haben Zeit in einem Kloster verbracht. Was haben Sie in dieser Zeit über sich selbst gelernt, haben Sie sich neue Ziele gesetzt?
Jaehn: Ich habe mich selbst kennengelernt. Ich habe meine Panikattacken und Angstzustände hinter mir lassen können. Ich habe den Filter von meinem Kopf genommen, sehe die Welt mit klaren Augen, mit einem ganz anderen Bewusstsein. Jetzt bin ich ein grundlegend entspannter und glücklicher Mensch. Ich war neben meiner Meditation und meinem Klosteraufenthalt auch viel in Therapie, unter anderem mit Hypnose. Ich habe viele philosophische und psychologische Bücher gelesen. Dadurch, dass ich so krasse Probleme mit meiner mentalen Gesundheit hatte, war ich gezwungen, Antworten zu finden. Auch wenn ich viel Leid erfahren habe und es mir oft nicht gut ging, bin ich jetzt im Nachhinein dankbar für die Zeit. Ich bin zwar immer noch ein junger Mensch, aber habe für mich so viel reflektiert und bin in meiner Mitte angekommen. Jetzt wache ich jeden Tag mit Freude auf und gestalte das Leben.
Am 3. Oktober erscheint Ihr eigener Podcast, in dem Sie unter anderem mit Mark Forster und Herbert Grönemeyer sprechen. Welche spannenden Geschichten dürfen Fans erwarten?
Jaehn: Es kommen sehr viele spannende Gäste, unter anderem Laura Malina Seiler. Es geht viel um die Selbstfindungsphase, ums Glücklichsein, um Tipps und Tricks in stressigen Situationen. Wir sprechen darüber, was uns bewegt und verbindet. Meine Gäste sind alle befreundete prominente Menschen. Mit allen habe ich eine andere Geschichte und dementsprechend sind die Talks auch ein bisschen anders. Wir quatschen auch viel privat, über kreative Prozesse und auch übers Feiern. Ich finde die Gespräche sehr inspirierend und bin sehr dankbar dafür.
Herbert Grönemeyer bezeichnen Sie als einen Freund. Was schätzen Sie besonders an ihm?
Jaehn: Seit unserem gemeinsamen Song „Jeder für Jeden“ 2016 haben wir Kontakt gehalten, immer wieder telefoniert und sind manchmal essen gegangen. Ich bin sehr dankbar für diese Bekanntschaft. Er hat mir zum Beispiel Meditation empfohlen und mich überhaupt erst auf meinen Pfad gestoßen, durch den ich viele stressige Situationen hinter mir lassen konnte. Er war und ist oft ein Vorbild, schon fast eine Art Mentor in vielen Situationen. Ich wurde 2015 sozusagen ins kalte Wasser geschmissen, bin auf dem Dorf aufgewachsen und war mit 20 Jahren auf einmal weltweit erfolgreich. Ich konnte von ihm viel lernen, wie man mit Erfolg umgeht, wie man das Leben drumherum gestalten kann und auch persönlich nicht zu kurz kommt.
Mit dem Song „No Therapy“ setzen Sie ein Zeichen für die LGBTQIA+-Community. Der Track handelt davon, dass jeder so sein darf, wie er ist. Inwiefern hat dies in Ihrem eigenen Leben eine Rolle gespielt oder ein Problem dargestellt?
Jaehn: Ich bin ja bisexuell, habe mich 2018 öffentlich geoutet. Für mich war das nicht immer selbstverständlich. Als Jugendlicher hatte ich Probleme zu verstehen, ob ich jetzt auf Männer, Frauen oder auf beides stehe. Ich habe mich oft anders und nicht akzeptiert gefühlt, etwa aufgrund von schwulenfeindlichen Witzen auf dem Schulhof und kleinen Bemerkungen, die in mir total stark resoniert haben. Deswegen habe ich daraus anfangs ein Geheimnis gemacht, musste dann aber feststellen, dass ich mich dadurch verstellt und darunter gelitten habe.
Jetzt bin ich einfach extrem glücklich, dass ich seit Jahren kein Geheimnis mehr habe, dass ich offen und authentisch über alles reden kann. Ich bin froh, dass ich in einer glücklichen Beziehung mit meinem Partner lebe, das Leben zu zweit erleben darf und das auch öffentlich tun kann und mich nicht verstecken muss.
Im Februar haben Sie öffentlich gemacht, in einer Beziehung zu sein und Ihren Partner auf Tinder kennengelernt zu haben. Wie denken Sie über Dating-Apps?
Jaehn: Ich sehe Dating-Apps gespalten. Bei mir hat’s funktioniert. Das war aber auch während der Lockdown-Zeit und ich hatte keine andere Möglichkeit, Menschen kennenzulernen. Ich hatte extrem Bock, mich zu verlieben und nicht alleine zu leben. Deswegen bin ich auf Tinder gegangen. Man muss ein bisschen darauf achten, wie sich die Menschen inszenieren, was für Fotos sie posten, ob es ehrlich und authentisch ums menschliche Kennenlernen geht oder ob nur der Körper inszeniert ist und es um Sex geht. Das wäre ja auch okay, aber nicht das, was ich gesucht habe.
Da ich schwul getindert habe, hatte es den Vorteil, dass es noch Grindr als Sex-App gibt, da ist Tinder dann ein bisschen seriöser. Immer mal wieder haben Leute gefragt: Bist du wirklich Felix Jaehn? Das kann doch gar nicht sein. Das musste ich dann beweisen mit einer privaten Instagram-Nachricht. Es gibt sicherlich viele Pros und Kontras. Schöner wäre es ohne App, dann hätte man sich ganz natürlich in der Öffentlichkeit beim Leben kennengelernt. Aber mir hat es auf jeden Fall geholfen.