KinostartFilmkritik „Iron Sky 2“: Die Mondnazis sind zurück

Foto: Splendid Film, 2018

Paul VerhobenPaul Verhoben | 20.03.2019, 23:01 Uhr

Das Büffet für Verschwörungstheoretiker ist eröffnet: Wieder kämpfen Helden gegen die Schurken auf der dunklen Seite des Mondes. Wer hier Autorenkino und Handlung sucht, möge die Fans bitte nicht belästigen.

Filmkritik "Iron Sky 2": Die Mondnazis sind zurück

Foto: Splendid Film, 2018

Die Kinogattung der Mondnazi-Filme gehört zu den seltsamsten Erfindungen der vergangenen Zeit. Auf der Berlinale 2012 zeigte der Finne Timo Vuorensola erstmals die Science-Fiction-Satire „Iron Sky“ und fand mit dem technisch herausragend inszenierten Schmarren weltweit sehr viel Fans.

Die Grundidee: Nazis sind nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs 1945 auf den Mond ausgewandert und haben auf dessen dunkler Seite eine riesige Basis aufgemacht – mit Wehrmachtssoldaten, Sauerkrautvorräten und allem Drum und Dran. Das hat sich Vuorensola in der Sauna ausgedacht und den Kampf seiner Helden gegen die NS-Wiedergänger so abgedreht in Szene gesetzt, dass sich die Frage der politischen Korrektheit nie stellte. Jetzt fliegen die „Walküre-Ufos“ wieder – der zweite Teil kommt in die Kinos.

Darum geht’s

„Iron Sky: The Coming Race“ beginnt in der Gegenwart – mit der nuklearen Zerstörung der Erde zu beschwingter Musik. Die letzten knapp 2000 überlebenden Menschen flüchten ins All – und landen ausgerechnet bei ihren ärgsten Feinden in Wehrmachtsuniform und Braunhemd. Da heißt es Zusammenrücken mit den grunzenden Herrenmenschen. Doch 25 Jahre später pfeift die Kolonie aus dem letzten Loch. Renate Richter (Julia Dietze), die sich im ersten Teil auf die Seite des Guten schlug, sieht in ihrer Tochter, der Wissenschaftlerin Obi Washington (Lara Rossi), die einzige Hoffnung.

Filmkritik "Iron Sky 2": Die Mondnazis sind zurück

Foto: Splendid Film, 2018

Obi, energische Frauenpower auf zwei Beinen, bricht mit einer bunten Truppe auf zu einer Expedition zurück zum Blauen Planeten. An ihrer Seite ein bunter Haufen Taugenichtse: ein russischer Schwätzer, ein dumpfbackiger Wehrmachtssoldat – und vier Sektenjünger, die den Apple-Unternehmer Steve Jobs und dessen Geräte zur Religion erhoben.

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Schlimmer noch als „Sharknado“

Was dann kommt, übersteigt sogar den Wahnsinn der Trash-Horrorreihe „Sharknado“. Verschwörungstheoretiker haben schon immer geahnt: Alles hängt mit allem zusammen. Nicht die Menschen und nicht Gott waren für die großen Fortschritte der Menschheit verantwortlich, erzählt dieser Film. Ob bei Al-Kaida, im Vatikan, bei Facebook oder im Weißen Haus: An allen irdischen Schaltstellen sitzen Reptiloiden, eine Elite aus außerirdischen Echsenwesen. Und NS-Diktator Adolf Hitler lebt und hat einen neuen „Blondi“ – einen dressierten Tyrannosaurus Rex. Plötzlich gilt es auch auf der Mondbasis „Schwarze Sonne“ wieder zu kämpfen.

Filmkritik "Iron Sky 2": Die Mondnazis sind zurück

Foto: Splendid Film, 2018

Vuorensola finanziert seine Filme im Wesentlichen über Crowdfunding im Internet und damit schon 2012 extrem erfolgreich. Das bewies sein geschätztes 7,5-Millionen-Euro-Budget für den ersten Teil.

Dass er damals viele Witze auf den Humor von Nerds, Sonderlingen und Verschwörungstheoretikern maßgeschneidert hat, dürfte ein Grund dafür sein, dass seine Sammlung für den zweiten Teil rund das Dreifache erbrachte: Mehr als 20 Millionen für einen Film, dessen Geschichte an den Haaren herbeigezogen ist, um es vorsichtig auszudrücken.

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Viel Slapstick

Dennoch macht der 90-Minuten-Nonsens viel Spaß, wenn man abgedrehte Slapstick mag. Das liegt nicht nur an der hochkarätigen und spielfreudigen Darstellerriege: Udo Kier („M – Eine Stadt sucht einen Mörder“) und Julia Dietze („Fack ju Göhte 3“) sind Fans noch aus dem ersten Teil bekannt. Hinzu kommen nun Lara Rossi („Crossing Lines“), Sahneschnittchen Vladimir Burlakov („Deutschland 83“) und Tom Green („Road Trip“). Zudem plündert Vuorensola ohne jede Scheu Klassiker wie „Star Wars“, „Total Recall“, „Indiana Jones“ oder „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“. Die technischen Effekte sind übrigens erneut beeindruckend. Mal sehen, wie häufig der Finne noch die Reichsflugscheibe steigen lässt. „Sharknado“ hat es immerhin auf fünf Fortsetzungen gebracht. (Christof Bock, dpa)

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