Über Nacht zum WeltstarThe Notorious B.I.G.: Wie ein Drogendealer Hip-Hop-Geschichte schrieb

The Notorious B.I.G. setzte den Grundstein für den heutigen Gangsta-Rap. (nra/spot)
The Notorious B.I.G. setzte den Grundstein für den heutigen Gangsta-Rap. (nra/spot)

imago images/MediaPunch

SpotOn NewsSpotOn News | 23.05.2022, 11:31 Uhr

The Notorious B.I.G. ist auch heute, 25 Jahre nach seinem Tod, ein Vorbild für viele Hip-Hop-Künstler. Dabei hatte es der Rapper nicht immer leicht. Finanzielle Probleme brachten ihn zum Drogenhandel. Heute ist Biggie Smalls eine Ikone.

„It was all a dream, I used to read ‚Word Up!‘ magazine“ rappte The Notorious B.I.G. 1994 noch in seinem Song „Juicy“. Damit, dass dieser Traum vom Leben eines erfolgreichen Rappers sich vor allem durch diesen Song erfüllen würde, hatte der damals 22-Jährige wohl nicht gerechnet. Denn seine Kindheit und Jugend waren geprägt von finanziellen Problemen und kriminellen Machenschaften.

„Juicy“ und das Debütalbum „Ready to Die“ gelten heute aber unumstritten als legendär und Biggie Smalls, wie die Rap-Ikone auch genannt wurde, legte einen Grundstein für den Hip-Hop, der durch seine Musik noch immer beeinflusst wird.

Vom Musterschüler zum Drogendealer

Für Christopher George Latore Wallace war die Kindheit im New Yorker Stadtteil Brooklyn nicht leicht. Bevor er zu The Notorious B.I.G wurde, versuchte seine Mutter sich und ihn mit zwei Jobs zu ernähren. Sein Vater verließ die Familie als Wallace zwei Jahre alt war. Er selbst war ein absoluter Musterschüler, war oft Klassenstufenbester und gewann Schulpreise. Er hatte jedoch früh mit Übergewicht zu kämpfen und bekam deshalb den Spitznamen „Big“.

Bereits mit zwölf Jahren stieg er durch einen Freund ins Drogengeschäft ein. Das wirkte sich später auch auf seine schulische Karriere aus, da er durch seine Drogendeals nur noch selten erschien und mit 17 schließlich einen Schulverweis bekam. Wallace verstrickte sich immer mehr in kriminelle Machenschaften und geriet mit dem Gesetz in Konflikt. Mit 18 Jahren musste er schließlich für neun Monate wegen Kokainhandels hinter Gitter. Zwei Monate zuvor wurde seine damalige Freundin Jane Jackson mit der gemeinsamen Tochter Tyanna schwanger.

Diese schwierigen Lebensumstände wurden bereits im Teeniealter Bestandteile seiner Rapsongs.

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Holprige Anfänge im Hiphop

Schon Ende der 1980er Jahre machte Wallace sich einen Namen als Underdog in der New Yorker Rap-Szene. Vor allem im Battle-Rap zeigte sich sein Talent als Freestyle-Künstler. Wallace war ambitioniert und verteilte mit 19 Jahren ein eigenes Demotape in Brooklyn. Über New York City hinaus kannte man ihn jedoch noch nicht – bis 1993 der Rapper Big Daddy Kane (53) das Demotape anhörte und es an das Hip-Hop-Magazin „The Source“ weiterleitete.

Nach einem Porträt über Biggie Smalls in besagtem Magazin wurde Sean Combs (52), bekannt als Puff Daddy, auf ihn aufmerksam. Combs nahm ihn unter seine Fittiche und soll den Nachwuchsrapper gezwungen haben, mit dem Verkauf von Drogen aufzuhören. Wallace unterschrieb bei Combs‘ Label Uptown Records schließlich einen Vertrag. 1992 gründeten beide dann das Label Bad Boy Records.

Fortan nannte Wallace sich The Notorious B.I.G. und rappte erst auf einer Single seines Label-Kollegen Craig Mack (1970-2018) und war Gast-Rapper auf zwei Songs von Mary J. Blige (51). Seine erste Single „Party & Bullshit“ war 1993 mit Platz 59 in den Billboard Hot 100 ein eher mäßiger Erfolg, obwohl im Video Puff Daddy, sein Kumpel Tupac Shakur (1971-1996) und die später bekannte Lil‘ Kim (47) auftraten.

Der Ruhm des Rap-Stars

Nur ein Jahr später sollte sich das jedoch wandeln. „Juicy“ stürmte die Charts und Wallace wurde über Nacht zum gefeierten Rap-Star. Die Single allein verkaufte sich über 600.000 Mal. Bis heute ist es wohl sein bekanntester Song, den jeder Hip-Hop-Fan von vorne bis hinten auswendig rappen kann. Es folgten weitere Top-Ten-Erfolge und Platin-Schallplatten. Das Debütalbum „Ready To Die“ verkaufte sich über sechs Millionen Mal und wurde vom „Rolling Stone“-Magazin zu einem der 500 besten Alben aller Zeiten gewählt. Zudem sorgte die Platte dafür, dass Wallace auch über den großen Teich hinaus bekannt wurde.

Mit dem zweiten Album konnte der damals 24-Jährige an den Erfolg anknüpfen. Nach Kollaborationen mit Michael Jackson (1958-2009), war „Life After Death“ 1997 ein voller Erfolg. Die Platte stieg auf Platz eins der Billboard Top 200 und verkaufte sich allein in den USA über fünf Millionen Mal. Weltweit verkaufte es sich mehr als zehn Millionen Mal. Wallace bekam dafür die Diamant-Schallplatte.

Privat ließ es Wallace mit steigendem Ruhm ebenso wenig ruhig angehen. 1994 heiratete er die R&B-Sängerin Faith Evans (48), nachdem sie sich erst einen Monat gekannt hatten. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor, doch die Beziehung geriet immer wieder in Turbulenzen. Dem Rapper wurden zahlreiche Affären nachgesagt.

Der East- und West-Coast-Konflikt

Während Wallaces Karriere auf dem Höhepunkt war, entflammte ein Konflikt zwischen Rappern der Ost- und Westküste der USA. Nachdem sein Kumpel Tupac Shakur vom Produzenten Suge Knight (57) aus dem Gefängnis geholt worden war, stand Shakur bei Knights Label Death Row Records unter Vertrag. Weil Hip-Hop-Musik aber an der New Yorker Ostküste ihren Anfang hatte, sahen viele Rapper der Szene ein Problem darin, dass 2Pac sich einem Label an der Westküste anschloss. Die Freundschaft zu Wallace bröckelte.

Als es 1994 zu einer Schießerei in der Lobby der Time Square’s Quad Recording Studios von Bad Boy Records kam, bei der Shakur fünf Mal getroffen wurde, eskalierte der Streit. Später vermutete er, dass Wallace hinter dem Anschlag auf ihn steckte. Shakur produzierte daraufhin Diss-Tracks gegen seine Ex-Rap-Kollegen an der Ostküste, was den Konflikt befeuerte, da sich seine Tracks vermehrt gegen Wallace richteten. Der Song „Hit ‚em up“ wird heute als Höhepunkt des Streits bezeichnet, da darauf direkte Beleidigungen gegen seinen einstigen Freund zu hören sind.

Der Streit mündete 1996 schließlich in Tupacs Ermordung am 7. September. Wallace und sein Label-Boss Puff Daddy galten in der Szene sofort als Hauptverdächtige. Auch Nahestehende von Notorious B.I.G. wurden als Täter des Drive-by-Shootings vermutet. Nur ein halbes Jahr später wurde Wallace dann selbst Opfer eines solchen Attentats. Weil er sein neues Album ausgerechnet an der Westküste bewerben wollte, zog er den Hass der verfeindeten Rap-Szene auf sich.

Am 9. März 1997 wurde nach einer Award-Verleihung sieben Mal aus einem fahrenden Auto auf ihn geschossen. Der Rapper starb noch in derselben Nacht im Krankenhaus. Bis heute sind die Umstände seines Todes ungeklärt. Der Tod schockte die Hip-Hop-Szene. Auch seinen Entdecker Puff Daddy traf der Mord an Notorious B.I.G. schwer. Gemeinsam mit Wallaces Witwe Faith Evans widmete Diddy ihm das Lied „I’ll be Missing You“, das sich über zehn Millionen Mal verkaufte und mit einem Grammy ausgezeichnet wurde.

The Godfather of Rap

Auch nach seinem Tod vor 25 Jahren wird The Notorious B.I.G. für seine Erfolge gefeiert. Er war der erste Hip-Hop-Künstler der USA, der mit Rap-Songs zum Weltstar wurde. Dafür wird er bis heute in der Szene als der „Godfather of Rap“ bezeichnet. Zwar war das Hip-Hop-Genre vorher bereits mit Größen wie MC Hammer (60) in den 1980ern und der Sugarhill Gang in den 1970ern bestückt, die Richtung, die Wallace ging, bestritt vor ihm allerdings keiner so erfolgreich. Mit Songs, in denen er schwierige Lebensumstände, einen gefährlichen Lebensstil und das Aufwachsen in Armut verarbeitete, ebnete er dem Gangsta-Rap den Weg.

DJ Tomekk (46) war hierzulande einer der ersten Musiker, der den US-Rap auch in der Bundesrepublik schmackhaft machte. Mit Wallaces Weggefährtin Lil‘ Kim landete er 2002 mit „Kimnotyze“, eine Hommage auf den Song „Hypnotize“ von Notorious B.I.G., einen Hit. Deutsch-Rapper sprießten wie Pilze aus dem Boden und auch der Gangsta-Rap fand bei vielen Anklang. Besonders das Label Aggro Berlin produzierte einen Rapper nach dem anderen. Hip-Hop-Größen wie Sido (41), Fler (40) und Bushido (43) machten sich Wallaces Hardcore-Rap zunutze, stürmten die deutschen Charts und sind bis heute erfolgreich.

Auch Rapper Haftbefehl (36) äußerte immer wieder, dass er in Biggie Smalls ein Vorbild sieht. Das macht sich vor allem bei seinem Reimstil und Flow bemerkbar, der sich durch Binnenreime auszeichnet. Von einigen Magazinen wurde er zeitweise als deutscher B.I.G. bezeichnet. 2012 veröffentlichte der Frankfurter deshalb das Mixtape „THE NOTORIOUS H.A.F.T.“. Auch in den USA ist The Notorious B.I.G.s Einfluss auf die Hip-Hop-Szene bei heute erkennbar. Stars wie Eminem (49) und Lil Wayne (39) offenbarten in der Vergangenheit, dass besonders Wallaces Debütalbum „Ready to Die“ ihre Musik prägte.

The Notorious B.I.G. hat heute nicht nur Hiphop-Legendenstatus, sondern den Respekt der gesamten Musikindustrie. Seit 2015 führt ihn der „Rolling Stone“ in der Liste der besten Songwriter aller Zeiten. 2009 wurde sein Leben im Film „Notorious B.I.G.“ verfilmt. Seit 2021 gibt es zudem die Dokumentation „Biggie: Das ist meine Geschichte“ auf Neflix zu sehen, die seltenes Filmmaterial und ein Interview mit seinem besten Freund zeigt.