Verpasste ChancePrinz Andrew: Sein Freikauf wirkt wie eine Ohrfeige für Missbrauchsopfer!

Prinz Andrew: Sein Freikauf wirkt wie eine Ohrfeige für Missbrauchsopfer
Prinz Andrew: Sein Freikauf wirkt wie eine Ohrfeige für Missbrauchsopfer

Foto: IMAGO/ Parsons Media

Redaktion KuTRedaktion KuT | 16.02.2022, 21:18 Uhr

Kurz vor Prozessbeginn handeln die Anwälte von Prinz Andrew mit Virgina Giuffre einen Deal aus, durch den der Royal nun doch nicht vor Gericht aussagen muss. Es ist enttäuschend, dass Geld wirklich alle Probleme löst und Opfer wieder einmal keine Gerechtigkeit erfahren.

Seit Monaten unterstützt die Presse Virgina Giuffre (38) dabei, ihre Aussage, Prinz Andrew (61) hätte sie als Minderjährige sexuell missbraucht, Gewicht zu verleihen. Die Amerikanerin Giuffre, die heute in Australien lebt, wollte, dass sich Prinz Andrew für seine Vergehen vor Gericht verantworten muss. Sie wirkte wie eine Kämpferin für die gute Sache, ein Vorbild, für die vielen Opfer, die sich nicht trauen, den Mund aufzumachen: Virgina Giuffre schien niemand aufhalten zu können.

Der Deal schadet der Wahrheit

Prinz Andrew hingegen schadete der Fall schon allein dadurch, dass nun im Raum stand, er habe von dem Missbrauchsring seines Kumpels Multi-Millionär Jeffrey Epstein profitiert. Der Mann, der sich schon einmal wegen Menschenhandel und sexueller Ausbeutung vor Gericht hätte verantworten sollen, aber durch einen bislang geheimen Deal dem Prozess und der gerechten Strafe entkam, hatte sich 2021 im Knast das Leben genommen. Das wirkte nun wie ein Schuldeingeständnis.

Auch Prinz Andrew halten die meisten für schuldig. Er war nicht nur ein Freund von Epstein, auch dessen Ex-Freundin und Vertraute Ghislaine Maxwell ging bei ihm ein und aus berichten Bedienstete der royalen Familie. Es wurde aufgedeckt, dass der Prinz auf Teddys steht und seine Masseurin mit anzüglichen Bemerkungen in Verlegenheit gebracht hat. Es wurde so viel Schmutz aufgewirbelt, dass die Queen ihrem einstigen Lieblingssohn alle Titel und Ämter entzog.

Der irre Teddybären-Tick des Prinzen galt sogar fast schon als Indiz im Missbrauchsskandal.

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Virginia Giuffre (Mitte) war nicht das einzige Missbrauchsopfer von Epstein, auch Sarah Ransome (li) und Marijke Chartouni (re) gehörten zum Ring.

Foto: IMAGO/ ZUMA Wire

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Geld regiert die Welt

Und nun? Plötzlich zeigt sich Virginia Giuffres Anwältin sehr zufrieden mit dem Deal, bei dem viel Geld fließen wird: Gerüchte besagen, es handele sich um etwa 14 Millionen Euro, mit denen Virginia Giuffre abgefunden werden soll. Ein Teil des Geldes soll sogar die Queen persönlich beisteuern, um den Fall zu den Akten zu legen, bevor das Königshaus noch mehr Schaden nimmt.

Eine zweite hohe Summe spendet Prinz Andrew an eine Stiftung, die Opfer dabei unterstützt, ihre Rechte einzufordern. Hat Virginia sich gedacht, was nutzt ein Fall, wenn ich vielen anderen Opfern mit dem Prinzengeld eine Stimme schenken kann? Oder hat das viele Geld sie weich geklopft, denn immerhin ist hinter der kämpferischen Fassade auch sie ein Opfer, das seelischen Schaden davongetragen hat.

Niemand wird zur Verantwortung gezogen

Wir können uns darüber kein Urteil erlauben, was Virginia Giuffre dazu gebracht hat, die Schlinge um den Hals von Prinz Andrew zu lösen. Aber es enttäuscht uns. Es fühlt sich genauso erbärmlich an wie 1996, als zwei Fünfzehnjährige Epstein wegen Missbrauchs bei der Polizei und beim FBI angezeigt hatten. Ohne Erfolg. Auch die Anzeige der Schauspielerin Alicia Arden gegen Epstein wurde 1997 nicht weiter verfolgt.

Selbst als 2005 die Eltern einer Vierzehnjährigen bei der Polizei bewirken konnten, dass sie im Missbrauchsfall ihrer Tochter gegen Epstein ermittelten und dabei auf gut 50 weitere Opfer stießen, kam der reiche, weiße Mann mit dem bereits erwähnten Deal fast ungeschoren davon. Und nun kann sich also auch Prinz Andrew mit Geld die weiße Weste wieder reinwaschen? Die britische Presse ist sicher, dass es soweit nicht kommen wird.

Ist der Ruf erst runiniert…

Der Dreck haftet nun dem Image des royalen Sprösslings an wie dog poop am Schuh. Aber Andrew wird weiter in Palästen wohnen, seine Arroganz gegenüber Normalsterblichen nicht ablegen, er wird sich die Hände reiben, weil niemand seine Lügen belegen kann und er wird sich vielleicht mit jungen Frauen vergnügen, die sich nicht zu wehren wissen.

Nicht einmal das Geld, das er braucht, um den Deal innerhalb von 30 Tagen zu bezahlen, tut ihm weh. Die Millionen sind keine Strafe. Und seine Geschichte bleibt eine Behauptung. All das sind Ohrfeigen, die die vielen Opfer des Missbrauchsring ertragen müssen. Die Überführung des Täters ist ein wichtiger Schritt im Heilungsprozess von Opfern eines Verbrechens.

Titel bleiben entzogen

Zwar behauptet die britische Presse, für Prinz Andrew gebe es keinen Weg zurück in seine öffentliche Rolle, aber das ist eine geringe Strafe. Zumal die Öffentlichkeit ihn vergessen wird und dann kann er machen, was er will. Außer er zieht ins britische Dschungelcamp ein, dann wird er von der Presse zerstückelt. Die einzige Chance, dass noch irgendjemand zur Rechenschaft gezogen wird, liegt nun auf dem Prozess gegen Ghislaine Maxwell.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer lässt der Deal angeblich noch zu: Virginia Giuffre soll sich laut britischen Medien nicht dazu verpflichtet haben, in Zukunft über ihre Vorwürfe gegenüber den Prinzen zu schweigen. Kaum zu glauben! Aber selbst wenn sie ein Buch veröffentlicht oder ihre Geschichte immer wieder erzählt, sie wird nie die Kraft erhalten, die ein gewonnener Prozess ihr verliehen hätte. So kann Prinz Andrew behaupten, sie erzähle Lügen.

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Öffentlich steht die Queen nicht mehr zu Prinz Andrew, hinter den Kulissen leider schon, heißt es.

Foto: IMAGO/ Matrix

Keine schäbige Sexgeschichte

Schon 2009 hat sich Virgina Giuffre vom schwierigen Weg abbringen lassen. Gut 500.000 Euro hatte es Epstein gekostet, sie zum Schweigen zu bringen. Damals soll das Missbrauchsopfer zugestimmt haben, weder gegen Epstein noch gegen andere potentielle Mittäter in Zukunft anzuklagen. Prinz Andrew konnte dieser Schutzschild nicht vor der Anklage bewahren, das hatten Giuffres Anwälte bereits durchgefochten.

„Ich bitte die Bürger des Vereinigten Königreichs inständig darum, an meiner Seite zu stehen, mir zu helfen, diesen Kampf zu kämpfen, das nicht als okay zu akzeptieren“, wandte sich Virgina Giuffre noch vor zwei Jahren in ihrem BBC-Interview an die Briten. „Das ist nicht irgendeine schäbige Sexgeschichte. Das ist eine Geschichte über Menschenhandel, das ist eine Geschichte über Missbrauch. Und es ist eine Geschichte über ein Mitglied eures Königshauses.“

Mitmenschen sind enttäuscht

Die Briten standen ihr zur Seite und viele andere Menschen verschiedenster Nationen auch. Fast zwei Jahre soll Virginia damals als eine Art Sexsklavin gehalten worden sein. Mächtige Menschen haben sie leiden sehen, aber nichts unternommen. Ja, im Gegenteil, viele profitierten von ihren Diensten. Dass die nicht freiwillig waren und dass sie noch ein Kind war, schien niemanden zu stören.

Mit dem Prozess hätte sie die Genugtuung erfahren, einen von ihnen zur Verantwortung zu ziehen. Wer weiß, vielleicht hätten andere mächtige Männer auch aussagen müssen und wären so als „Mittäter“ publik geworden. Angefangen hat alles übrigens auf Donald Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida, wo sie als Angestellte Epstein kennenlernte. Prinz Andrew soll nun übrigens ihre „Tapferkeit“ loben. Es tut uns leid, aber das ist doch ein Hohn, oder nicht?

Nur eine weitere verpasste Chance

Nachdem Virgina die Nacht mit Prinz Andrew verbringen musste, habe sie sich dreckig und beschämt gefühlt, erzählt sie der BBC: „Es war widerwärtig. Er war nicht gemein oder irgendwas. Er stand auf, bedankte sich und ging.“ Wirken die Millionen, die sie jetzt erhält, nicht auch irgendwie dreckig? Die Wahrheit bleibt ab sofort nur noch „ihre“ Wahrheit. Für immer.

Das ist schade und genau das, was viel zu vielen Opfern passiert: Sie werden nicht ernst genommen oder ihnen wird kein Glauben geschenkt. Das kann Virginia mit Geld nicht ändern, das hätte sie vor Gericht erkämpfen können. Nun ist es zu spät.