Bitterböse oder doch stupide?Netflix teuerster Film „Don’t Look Up“: Viel Kritik, trotz Leonardo DiCaprio & Meryl Streep

Netflix teuerster Film „Don‘t Look Up“: Viel Kritik, trotz Leonardo DiCaprio
Netflix teuerster Film „Don‘t Look Up“: Viel Kritik, trotz Leonardo DiCaprio

Foto: NIKO TAVERNISE/NETFLIX

Redaktion KuTRedaktion KuT | 28.12.2021, 20:31 Uhr

Zwei Astronomen warnen vor einem gefährlichen Kometen, der die Erde zerstören wird. Für seine bitterböse Satire konnte Adam McKay die aktuell größten Hollywood-Stars Meryl Streep, Leonardo DiCaprio und Jennifer Lawrence gewinnen.

Aber reicht die Starbesetzung, um die gewollt bösartige Gesellschaftskritik dieser schwarzen Komödie zu vermitteln? Es spricht einiges dafür, dass die zugrunde liegende Message des Films ziemlich gekonnt rübergebracht wird – was aber eher den Schauspielern, als dem Drehbuch zu verdanken ist.

„Dont Look Up“: Die Apokalypse naht

Ein Stoff, aus dem viele Filme gemacht sind: Die biblische Apokalypse ist immer wieder ein wichtiges Motiv in der Filmliteratur. Apokalypse-Filme gibt es zu genüge, man denke nur an „Das ist das Ende“ mit Jonah Hill (38) und James Franco (43), oder „A Quiet Place“ mit Emily Blunt (48).

„Don‘t Look Up“ will sich aber bewusst von den restlichen apokalyptischen Horror-Movies abwenden, indem er die Hollywood-Riege vor die Kamera zieht. Auch wenn die Starbesetzung Klicks garantiert, so braucht es schon harte Nerven, um den extrem perfiden Humor ganze 140 Minuten auszuhalten und dem geistreichen Regisseur Adam McKay auch noch den Gefallen zu tun, seine intellektuelle Metaebene zu verstehen.

Netflix teuerster Film „Don‘t Look Up“: Viel Kritik, trotz Leonardo DiCaprio

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Riesiger Komet zerstört Erde – die Medien lachen

Der Film fängt ziemlich vorhersehbar an: Der sexy Astronom Dr. Randall Mindy, alias Leonardo DiCaprio (47) entdeckt bei einem spaßigen Beisammensein mit seinen nicht minder gutaussehenden Wissenschaftler-Kollegen eine Katastrophe. Naja, eigentlich entdeckt sie seine junge, hippe und gepiercte Doktorantin Kate Dibiasky (Jennifer Lawrence, 31), die dafür natürlich nicht die Lorbeeren einheimst. Dafür darf sie dann ganz typisch für ihre Art, mit kessem flammend rotem Haarschnitt gegen die misogynen Strukturen in ihrem Arbeitsumfeld rebellieren. Was sie aber natürlich nur passiv-aggressiv tut, denn die Welt muss vor einem drohendem Kometenanflug gerettet werden.

Meryl Streep sensationell als Clinton-Trump-Hybrid

Richtig zuhören tut ihnen erst einmal keiner, vor allem nicht die Präsidentin der Vereinigten Staaten, Janie Orlean (Meryl Streep, 72). Ihre Personifikation der weiblichen Version von Trump ist wohl definitiv einen Oscar wert! Gekonnt vermittelt Streep, dass eine Frau als Präsidentin nicht unbedingt ihren Selbstzweck erfüllt, sondern irgendwie sogar schrecklicher wirkt als Trump selbst. Der Mix aus Trump und Hilton weigert sich die Katastrophe anzuerkennen, bis sie merkt: Das lässt sich für den eigenen Wahlkampf gut nutzen! Doch die Präsidentin ist nicht die einzige Nutznießerin der kosmischen Katastrophe: Der Visionär Peter Isherwell (Mark Rylance, 61), der sehr viel Ähnlichkeit mit Apple-Gründer Steve Jobs (†56) hat, reißt sich den Kometen unter den Nagel mit dem Vorwand, wichtige Mineralstoffe für seine Computer daraus zu gewinnen. Doch es kommt alles anders.

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Corona- und Klimapolitik-Kritik in einem

Ohne das Ende verraten zu wollen kann man vorab sagen: Der Film hat eine klare Message, die ziemlich einfach zu durchschauen ist. In Katastrophenzeiten schauen Politiker weg, solange sich die Katastrophe nicht für ihren eigenen Zweck nutzen lässt. Gleichzeitig sind den Wissenschaftlern die Hände gebunden, weil währenddessen auf Social Media unzählige Fake News verbreitet werden. Der Gewinner ist am Ende der Riesen-Konzern, der mit Ausbeutung wieder Milliarden verdient. Eigentlich eine coole Story, die ziemlich stark an die Corona-Situation erinnert! Aber „Don‘t Look Up“ wurde als schwarze Komödie deklariert, doch lachen muss man eigentlich kaum.

Dafür sind die Charaktere etwas zu pathetisch und überzogen, fast wie in einer Adam Sandler Komödie, nur mit weniger Stumpfsinn. Nach 30 Sekunden ist einem klar, dass Donald Trump aka Meryl Streep ein Idiot ist und Leo als Wissenschaftler wirklich ne Schraube locker hat. 120 Minuten später nervt die theatralische Darstellung aber nur noch und man will endlich wissen, wann das Ende der Welt naht.

Leonardo DiCaprio soll 30 Millionen verdient haben

Wutausbrüche gehören mittlerweile zum bekannten schauspielerischen Repertoire eines DiCaprio und dürfen auch in dieser schwarzen Komödie nicht fehlen. Das war‘s aber auch schon an Überraschungseffekten und Spannung. Denn bis auf die Wutausbrüche wirkt Leos schauspielerische Darstellung in dieser Netflix-Produktion ein wenig lustlos und hölzern. Jennifer Lawrence spielt wie immer sich selbst – rebellisch, feministisch, supercool. Angeblich ist „Don‘t Look Up“ Netflix bisher teuerste Produktion, mit satten 75 Millionen USD Budget. Davon sollen allein 30 Millionen an DiCaprio und 25 Millionen an Jennifer Lawrence gegangen sein. Meryl Streep muss die Trump-Parodie dann wohl aus Überzeugung gemacht haben, denn viel scheint am Ende nicht mehr für sie rausgesprungen zu sein.

Netflix teuerster Film „Don‘t Look Up“: Viel Kritik, trotz Leonardo DiCaprio

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Keine satirische Meisterleistung, dafür überzeugende Schauspieler

Vielleicht ist „Don‘t Look Up“ keine wirkliche Komödie und will es auch gar nicht sein. Denn irgendwie bleibt einem das Lachen doch im Hals stecken, wenn man sich selbst im Spiegel wiedererkennt, den Regisseur Adam McKay einem vors Gesicht hält. Die einzelnen Charaktere sind vielleicht lustiger gemeint, als sie wirken, was auch den schauspielerischen Fähigkeiten einer Meryl Streep und eines Rob Morgan zu verdanken sind. Die Fan-Reaktionen spiegeln das auch wieder: Viele vermissen ein wenig intellektuelle Meta-Ebene und pfiffigen Humor, dafür beeindrucken die Personifikationen umso mehr:

„Don’t Look Up“ ist jedenfalls seit dem 9. Dezember 2021 auch in deutschen Kinos und auf der Streaming-Platform „Netflix“ zu sehen.