Böhmermann-Opfer?Fynn Kliemanns wirres Instagram-Video: „Ihr wollt mich zerstören“

Fynn Kliemann
Fynn Kliemann

Foto: IMAGO / Horst Galuschka

Redaktion KuTRedaktion KuT | 20.06.2022, 12:05 Uhr

Anfang Mai geriet Influencer Fynn Kliemann durch einen TV-Beitrag von Jan Böhmermann wegen Verbindungen zu einer Textilfirma rund um das Geschäft mit Schutzmasken in die Kritik. Nachdem er sich zunächst reumütig zeigte, polterte Kliemann jetzt in einem wirren Instagram-Video los und beschuldigt unter anderem Presse und die „woke linke Szene“, ihn „zerstören“ zu wollen. Was es mit den Äußerungen des ehemaligen Social-Media-Lieblings auf sich hat.

Er reitet sich selbst immer weiter rein: Am Sonntag polterte Fynn Kliemann (34) in seinen Instagram-Storys los und schoss dabei gegen so ziemlich jeden, der ihn in der jüngsten Vergangenheit kritisierte. Ein Statement, das zeigt: Der Youtuber hat die Faxen dicke.

Was war passiert?

Im Mai deckte die „Magazin Royale“-Redaktion Ungereimtheiten bei Spenden und Geschäften auf, die unter anderem mit Kliemanns Corona-Schutzmasken-Produktion in Verbindung stehen. Im Raum steht seither die Frage, ob die Produktionsherkunft – Bangladesch und Vietnam statt Europa – bei Geschäften der Firma mit einem Großhändler im Jahre 2020 bewusst verschwiegen wurde und sich Fynn Kliemann und seine Partner unter Vorspiegelung falscher Tatsachen an den Einnahmen bereicherten. Denn: Der Influencer hatte die Masken als ,fair‘ und ,in Europa produziert‘ beworben. Gegen den 34-Jährigen läuft derzeit ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts im Kontext des TV-Beitrags.

Kliemann hatte sich nach eigenen Angaben vor allem mit seiner Bekanntheit, seinem Namen und unentgeltlich dafür eingesetzt, dass in der Pandemie schnell Masken hierzulande auf Großhandelsebene organisiert werden.

Ermittlungsverfahren gegen Social-Media-Star Fynn Kliemann

Video News

Fynn Kliemann – erst reumütig, jetzt zornig

In einem Video, das er kurz nach Bekanntwerden der Ungereimtheiten postete, sagte Kliemann: „Ich habe so viel Scheiße gebaut und dann einfach versagt, als dieser Typ, der ich niemals sein wollte. Das tut mir leid.“ Der Influencer wandte sich daraufhin von dem Unternehmen ab und gab an, die Produktionsprozesse nicht genau hinterfragt zu haben. Den Verkaufserlös von mehr als 280.000 Euro wollte er spenden.

Inzwischen scheint die Reue einer großen Wut gewichen zu sein. Nur so scheint Kliemanns wirrer Auftritt in seinen Storys vom Sonntag zu erklären.

„Zehn Jahre nonstop Arbeit – alles ist kaputt“

„So, es ist doch jetzt gut. Hier haben ziemlich viele Leute ziemlich viel durcheinander gebracht, dann haben es alle abgeschrieben“, beginnt Fynn Kliemann die Reihe von Clips. „Es hat super geklickt, mein ganzes Leben zerstört, zehn Jahre nonstop Arbeit – alles ist kaputt.“ Er habe die Masken aus Bangladesch weder produziert, noch verkauft, noch verschenkt, das sei bewiesen. Dennoch habe es sich die Presse zur Aufgabe gemacht, seinen Fall „auszuschlachten“, so Kliemann. „Natürlich habe ich Fehler gemacht, die habe ich verstanden, die habe ich eingesehen, dafür habe ich mich ehrlich entschuldigt, ich hab Reparation geleistet und unfassbar viel daraus gelernt.“

Er würde auch weiterhin Fehler machen: „Weil ich jeden Tag das mache, wovor so viele da draußen Angst haben: Was Neues, jeden Tag, das, was noch nie jemand vorher gemacht hat.“ Selbstbeweihräucherung oder Entschuldigung – es scheint, als könne Kliemann sich nicht recht entscheiden.

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Wird das „Kliemannsland“-Team in „Sippenhaft“ genommen?

In dem Video stellt sich der 34-Jährige auch vor die Mitstreiter seines Event-Standortes „Kliemannsland“. Der Youtuber startete vor Jahren den Kreativ-Hof im niedersächsischen Ort Rüspel bei Bremen, eine Art Abenteuerspielplatz für Erwachsene. Es wird gebastelt, geschraubt, Musik gemacht. Kliemann selbst kennt man auch durch seine Do-it-Yourself-Clips auf Youtube, wo ihm Hunderttausende folgen.

Der Unternehmer emotional: „Hier werden Leute, die für sich und dich entschieden haben, sich selbst zu verwirklichen, für mich in Sippenhaft genommen, und das ist falsch. Was hat das ,Kliemannsland‘ damit zu tun? Nichts. Und die Leute da erst recht nicht.“ Gemeint sind unter anderem Anfeindungen, mit denen sich das Team der Event-Location seit den „Magazin Royale“-Enthüllungen konfrontiert sieht. Zudem sprangen nach der Sendung vermehrt Kooperationspartner des Hofes ab. Kliemann weiter: „Diese ganze Böhmermann-Scheiße geht mir persönlich komplett am Arsch vorbei, aber hier stellen sich Menschen einfach über andere Menschen und entscheiden, wie sie zu sein haben. Ich hab das Gefühl, die Redaktion glaubt, sie wär was Besseres, und sie darf entscheiden, wie andere ihr Leben leben. (…) Das ist doch der gleiche Bullshit wie damals auf dem Schulhof.“

Kliemanns Mitstreiter distanzierten sich am Sonntag in einem öffentlichen Statement vom Namensgeber des Hofes.

Vorwürfe gegen die „linke woke Bubble“

Kliemanns Vorwürfe richten sich indes nicht nur an Jan Böhmermann (41), seine Redaktion und die Presse, sondern auch gegen die so genannte „woke“ Bubble (dt. Blase). Als woke (übersetzt etwa „aufgewacht“) bezeichnet man heute umgangssprachlich die Sensibilität gegenüber Minderheiten und Diskriminierungen. Das Adjektiv wird mittlerweile auch in einem negativen Sinne verwendet – so wird zum Beispiel der Woke-Bewegung die Begünstigung der „Cancel-Culture“ vorgeworfen, in der Menschen für eventuelle Fehler „gecancelt“, also aus der Öffentlichkeit verbannt werden, um ihnen die Plattform zu entziehen.

Auch Fynn Kliemann kritisiert dies: „Da gibt es diesen einen Teil in der woken linken Szene, der das (gemeint ist seine Einsicht, Fehler begangen zu haben, Anm. d. Red.) einfach nicht akzeptieren kann. Weil dieser Teil der Bubble gar nichts akzeptieren kann. Weil die sich alle den ganzen Tag lang nur gegenseitig zerfleischen, wenn ihren Erwartungen nicht entsprochen wird, wie sie von mir erwarten, dass alles, was ich tu, perfekt sein muss. (…) Ich versteh schon: Ihr habt mich mit öffentlichen Geldern groß gemacht, dann hab ich nicht gespurt, und genau mit denselben Geldern soll ich jetzt zerstört werden.“

Ob Fynn Kliemann mit dem Video – bei aller sicherlich berechtigten Kritik am Vorgehen der woken Szene – die Sympathien seiner Fans zurück gewinnen kann? Das bleibt abzuwarten. (K&T/dpa)