Filmbranche in AufruhrDonald Trumps Vision von Zollywood: Ruiniert er damit die Traumfabrik?

Donald Trump liebt die Kameras - aber nur, wenn sie in den USA aufnehmen. (stk/spot)
Donald Trump liebt die Kameras - aber nur, wenn sie in den USA aufnehmen. (stk/spot)

IMAGO/Imagn Images

SpotOn NewsSpotOn News | 07.05.2025, 14:33 Uhr

"Make Hollywood Great Again"? Donald Trump hält neben der realen inzwischen auch die Filmwelt in Atem. Was würden 100-Prozent-Zölle auf nicht in den USA produzierte Streifen bedeuten?

"Zölle", das wird US-Präsident Donald Trump (78) nicht müde zu betonen, sei neben "Gott" und "Religion" sein liebster Begriff im Wörterbuch. Die Weltwirtschaft bekam das seit seinem zweiten Amtsantritt Anfang 2025 schon auf schmerzliche Weise zu spüren: Aufschläge auf ausländische Produkte im zuweilen dreistelligen Prozentbereich wurden vielerorts als handfester Handelskrieg der USA interpretiert. Und vor dem ist inzwischen auch die Filmwelt nicht mehr gefeit, wie es scheint.

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Es sei ein Unding, dass so viele Hollywood-Produktionen gar nicht in Hollywood produziert werden. Trumps reflexartige und vermeintliche Lösung dieses Problems, das er in seinem hauseigenen X-Klon Truth Social gar als "Gefahr für die nationale Sicherheit" bezeichnete: Zölle in Höhe von 100 Prozent auf Filme, die außerhalb der USA entstehen. Ausgerechnet eine ehemalige Hollywood-Größe soll ihn final auf diesen Gedanken gebracht haben: Angelina Jolies (49) entfremdeter Vater Jon Voight (86), den Trump neben Sylvester Stallone (78) und Mel Gibson (69) im Januar zu Sonderbotschaftern des US-Filmbusiness ernannt hatte.

Doch was würde eine Umsetzung dieses Plans wirklich für die Traumfabrik bedeuten? Und lässt er sich überhaupt in die Tat umsetzen?

Zölle auf Filme – geht das überhaupt?

Fakt ist: Die Entstehung eines Blockbuster-Films, unabhängig des eigentlichen Produktionslandes, ist ein durch und durch globalisiertes Unterfangen. Die Fachleute für visuelle Trick- und Computereffekte können den Firmensitz in dem einen, die Spezialisten für Soundeffekte in einem gänzlich anderen Land haben. Und sofern künftig nicht auf unfassbar kostspielige Studiobauten in den USA gesetzt werden soll, sind Dreharbeiten in anderen Ländern schlichtweg unumgänglich.

Ein US-amerikanischer Mittelalterfilm, aber ohne reale Burgen als Schauplatz? Ein international agierender Agent wie Ethan Hunt oder James Bond, der künftig nur noch computergenerierte Metropolen rund um den Globus befrieden darf? Und sollte es auch Serien betreffen: Muss die nächste "White Lotus"-Staffel dann zwangsläufig am Golf von Mexiko – pardon, am Golf von Amerika – spielen?

Am Beispiel von James Bond zeigt sich übrigens schon die nächste Sorge: Seit das US-amerikanische Unternehmen Amazon die kreative Leitung übernommen hat, hängt bei Fans von 007 ohnehin der Haussegen schief. Sollte Bond nun aus Zoll-Kostengründen seiner britischen Heimat vollends beraubt werden, würden sie wohl endgültig Sturm laufen. Und wie mixt man überhaupt einen Martini ohne London Dry Gin?

Bei US-Produktionen, die aus Kosten- oder Logistikgründen anderorts gedreht oder vervollständigt werden, scheint ein pauschaler Aufschlag von 100 Prozent "Einfuhrgebühr" nicht umsetzbar zu sein.

Der Tod des Independent-Marktes und innovativer Ideen?

Im Fall US-ferner Produktionen ist der Sachverhalt einfacher und die Konsequenzen wären dramatisch. Fielen etwa für einen deutschen Film künftig ein 100-Prozent-Zoll an, würden sich Verleiher sicherlich genau überlegen, ob es sich noch rechnet, den Film auf den US-Markt zu bringen. Schließlich müsste er dort dann doppelt so erfolgreich sein, um an aktuelle Umsätze heranzureichen.

Beim ausländischem Independent- und Arthaus-Kino müsste diese Kosten-Nutzen-Frage wohl umgehend mit "Nein" beantwortet werden. Die Folge: Die Film-Vielfalt in den USA nimmt drastisch ab, für Filmschaffende außerhalb der USA bricht ein immens wichtiger Markt weg – die weltweite Filmbranche leidet.

Seit Corona hat diese es nicht geschafft, zu den Zahlen vor der Pandemie zurückzukehren. Mit Trumps Zöllen sähe das ohnehin gebeutelte Business weiteren Unsicherheiten entgegen. Doch mit wenigen Ausnahmen stellt schon jetzt beinahe jeder Streifen ein finanzielles Risiko für die Filmstudios dar. Mit weiteren Kosten würde die Zahl an potenziell Studio-ruinierenden Kino-Flops steigen. Zugleich schwindet die Bereitschaft, innovative, aber noch nicht etablierte Ideen im großen Stile zu drehen.

Wie reagieren die Studiobosse?

Dass selbst die treibenden Kräfte hinter Hollywood von Trumps Plänen überrumpelt wurden und noch nicht abschätzen können, was diese bedeuten, wird neuen Berichten zufolge deutlich. Am kommenden Freitag sollen sich laut "The Hollywood Reporter" die CEOs von Studios wie Warner Bros., Paramount Pictures, Sony Pictures und Co. zu einem Krisengipfel treffen. Könnten die Zölle womöglich rückwirkend auf bereits fertiggestellte, aber noch nicht veröffentlichte Filme anfallen? Unklar.

Einigkeit scheint in einem Punkt jedoch schon zu herrschen: Sollten Trumps 100-Prozent-Zölle Realität werden, wären die Folgen für die Filmindustrie verheerend.

Wie sieht es mit Gegenmaßnahmen aus?

Bislang lösten Trumps Zoll-Gebaren vor allem vehemente Gegenreaktionen aus. Länder wie Kanada und auch die Europäische Union hatten unverzüglich mit Gegenzöllen gedroht. Im Fall von China wurde sogar schon vor Trumps expliziten Hollywood-Zöllen das Filmbusiness zum Druckmittel.

"Variety" zitierte Anfang April aus einem Statement der chinesischen Film-Leitung: "Das falsche Vorgehen der US-Regierung, die Zölle auf China zu missbrauchen, wird die Akzeptanz amerikanischer Filme beim heimischen Publikum unweigerlich weiter verringern. Wir werden die Marktregeln befolgen, die Wahl des Publikums respektieren und die Anzahl importierter amerikanischer Filme moderat reduzieren."

Sollte es wahrlich zu den Hollywood-Zöllen kommen, so stünden am Ende wohl vor allem drei Dinge an: Jobverluste von Filmschaffenden außerhalb der USA, höhere Kino- und Streamingpreise für die weltweiten Konsumenten und zugleich ein einseitigeres Angebot an Filmen und Serien. Das wäre so einiges, aber sicherlich nicht great.