Tatort

Foto: IMAGO / Kirchner-Media

Der „Tatort“ ist nach 50 Jahren und weit über 1.000 Folgen ein Stück deutsches Kulturgut und der Sendeplatz sonntagabends nach der „Tagesschau“ für viele heilig. Wir werfen einen Blick auf den deutschen Kult-Krimi schlechthin.

Das Konzept von „Tatort“

Der „Tatort“ war von Anfang an als Krimireihe mit Lokalkolorit geplant, da er sich so von anderen, eher biederen Krimis seiner Zeit abzusetzen suchte.

Als Kooperation der verschiedenen Sendeanstalten der ARD, des ORF und des SRF ist der „Tatort“ eigentlich die Vereinigung mehrerer Krimireihen unter einem gemeinsamen Banner, denn jede der Sendeanstalten unterhält mindestens ein eigenes Ermittlerteam bzw. in seltenen Fällen auch nur einen Ermittler mit meist markanten Persönlichkeitsmerkmalen.

Infos zur Show

Erste Staffel
1970
Häufigkeit
Früher monatlich, mittlerweile nahezu wöchentlich mit 35 Folgen pro Jahr
Sender
ARD, ORF, SRF
Sendezeit
Erstausstrahlung sonntags 20.15 Uhr
Anzahl der Folgen
1.175
Bekannte Stars
Bekannte Stars: Til Schweiger, Heike Makatsch, Wotan Wilke Möhring, Ulrich Tukur, Axel Milberg, Axel Prahl, Jan Josef Liefers, Ulrike Folkerts, Meret Becker, Maria Furtwängler, Christian Ulmen, Nora Tschirner, Andrea Sawatzki, Jörg Schüttauf, Sabine Postel, Peter Sodann, Götz George

Die Ermittlerteams sind die eigentlichen Stars

Dass im Mittelpunkt der Handlung das kleine Team aus meist zwei festen Ermittlern steht, ist auch ein Markenzeichen des „Tatorts“, obgleich es zu dem Versuch, Realitätsnähe zu suggerieren, im Widerspruch steht.

Neben Lokalität und Ermittlern unterscheidet sich häufig auch der Stil der einzelnen Reihen, so kann ein „Tatort“ einen eher humorvollen (Münsteraner und Weimarer „Tatort“) oder einen actiongeladenen Anstrich (Hamburger „Tatort“) haben. Hin und wieder gibt es auch eher experimentelle Folgen wie „Murot und das Murmeltier“ oder „Meta“.

Highlights

Sonntag, 20:15 ist „Tatort“-Time

Was als noch unregelmäßig ausgestrahlte Krimireihe begann, hat längst einen festen Platz in der Wochenplanung vieler Deutscher: Sonntags um 20.15 Uhr ist „Tatort“-Zeit, und kommt kein „Tatort“, läuft fast immer dessen ostdeutsches Gegenstück „Polizeiruf 110“.

Für jene mit weniger festen Ritualen sind die Folgen ab Ausstrahlung für ein halbes Jahr in der Mediathek abrufbar. Die Seite Tatort.Tube, wo sämtliche Folgen abrufbar waren, wurde, da sie illegal war, mittlerweile gelöscht. Eine legale Möglichkeit alte „Tatort“-Folgen zu sehen gibt es nicht, wobei einige auf DVD erschienen sind.

„Tatort“: Die Handlungsorte

Das Lokalkolorit ist seit jeher ein Markenzeichen des „Tatorts“, wobei die einzelnen Sendeanstalten auch versuchen, die eigene Region positiv in Szene zu setzen.

„Tatort“ Münster

Der „Tatort“ aus Münster in Nordrhein-Westfalen (WDR) ist aktuell einer der erfolgreichsten. Obwohl Münster mit über 300.000 Einwohnern zu den größten Städten Deutschlands gehört, merkt man ihr den Großstadtcharakter nicht ganz so stark an wie anderen Städten NRWs, was am umliegenden eher ländlichen Münsterland und der Tatsache, dass man in Münster mehr mit dem Fahrrad als dem Auto unterwegs ist, liegen mag. Der Münsteraner „Tatort“ sticht vor allem durch seinen komödiantischen Anstrich und die Wortgefechte zwischen den Ermittlern Thiele (Axel Prahl) und Boerne (Jan Josef Liefers) heraus.

„Tatort“ Berlin

Die Hauptstadt war das Revier verschiedener Ermittlerteams. Aktuell ermitteln in Berlin Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke). Besonders am Berliner „Tatort“ ist – zumindest in der aktuellen Ermittlerkonstellation – die episodenübergreifende Handlung. Während die meisten „Tatort“-Folgen im Großen und Ganzen in sich abgeschlossen sind, wird bei Rubin und Karow immer wieder auf frühere Folgen Bezug genommen.

„Tatort“ Wiesbaden/ Hessen

In Hessens Landeshauptstadt Wiesbaden hat Felix Murot (Ulrich Tukur) seine Dienststelle, er ermittelt aber auch in anderen Teilen Hessens. Der Wiesbadener „Tatort“ ist vermutlich der eigenwilligste. So litt Murot anfangs unter einem Gehirntumor und halluzinierte deshalb.

In „Murot und das Murmeltier“ steckt er, angelehnt an „Und täglich grüßt das Murmeltier“, in einer Zeitschleife fest, wobei eine noch stärkere Parallele zu „Happy Deathday“ und „Edge of Tomorrow“ zu erkennen ist – die Zeitschleife resettet sich nämlich mit dem Tod des Protagonisten. Aber auch große Regisseure wie Quentin Tarantino zitieren die Murot-Folgen gerne mal.

Galerie

„Tatort“ Hamburg

Hamburg ist seit der ersten Folge Handlungsort der Reihe. Die vor allem für den großen Tidehafen und sein Rotlichtmilieu berühmt-berüchtigte Hansestadt hat aktuell zwei „Tatorte“. Zum einen wäre da das Duo Nikolas „Nick“ Tschiller (Til Schweiger) und Yalcin Gümer (Fahri Yardim), bei dem Hauptdarsteller Til Schweiger, der maßgeblichen Einfluss auf die Handlung der Filme hat, gezielt auf Action setzt. Zum anderen wäre da das Duo Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Wiesz). Dessen Fälle und Folgen entsprechen schon eher dem klassischen „Tatort“.

Übersicht aller Handlungsorte vom „Tatort“

Berlin (RBB)
München (BR)
Hamburg (NDR)
Köln (WDR)
Nürnberg (BR)
Stuttgart (SWR)
Frankfurt am Main (HR)
Dortmund (WDR)
Göttingen (NDR)
Dresden (MDR)
Bremen (Radio Bremen)
Münster (WDR)
Kiel (NDR)
Wiesbaden (HR)
Freiburg (SWR)
Mainz (SWR)
Saarbrücken (SR)
Ludwigshafen (SWR)
Zürich (SRF)
Wien (ORF)

Das sind alle aktuellen „Tatort“-Ermittler

Da es in über 50 Jahren „Tatort“ unzählige Ermittler gab, beschränken wir uns hier auf eine bloße Aufzählung der aktuellen Ermittler und einiger, die bis heute unvergessen sind.

Aktive Ermittler

Ludwigshafen: Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter)
München: Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl)
Köln: Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär)
Wien: Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser)
Hannover/Göttingen: Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Anaïs Schmitz (Florence Kasumba)
Münster: Frank Thiel (Axel Prahl) und Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers)
Kiel: Klau Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik)
Stuttgart: Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare)
Wiesbaden: Felix Murot (Ulrich Tukur)
Dortmund: Peter Faber (Jörg Hartmann), Martina Bönisch (Anna Schudt), Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) und Jan Pawlakv (Rick Okon)
Hamburg: Nikolas „Nick“ Tschiller (Til Schweiger) und Yalcin Gümer (Fahri Yard?m)
Hamburg: Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Wiesz)
Berlin: Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke)
Nürnberg/Franken: Felix Voss (Fabian Hinrichs), Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel), Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid), Sebastian Fleischer (Andreas Leopold Schadt) und Michael Schatz (Matthias Egersdörfer)
Frankfurt am Main: Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch)
Dresden: Karin Gorniak (Karin Hanczewski), Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und Peter Michael Schnabel (Martin Brambach)
Freiburg/Mainz: Ellen Berlinger (Heike Makatsch) und Martin Rascher (Sebastian Blomberg)
Freiburg: Franziska Tobler (Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner)
Saarbrücken: Adam Schürk (Daniel Sträßer) und Leo Hölzer (Vladimir Burlakov)
Zürich: Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler)
Bremen: Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer), Mads Andersen (Dar Salim) und Linda Selb (Luise Wolfram)

Unvergessene Kult-Kommissare: Ikonische Ermittler aus 50 Jahren „Tatort“

Hamburg: Der allererste „Tatort“-Ermittler Paul Trimmel (Walter Richter) basiert auf der gleichnamigen Romanfigur von Friedhelm Werremeier.
Duisburg: Kult-Ermittler Horst Schimanski (Götz George) und sein Kollege Christian Thanner (Eberhard Feik)
Hamburg: Paul Stoever (Manfred Krug) und Peter Brockmöller (Charles Brauer)
Stuttgart: Auch Ernst Bienzle (Dietz-Werner Steck) ist ursprünglich eine Romanfigur und zwar aus der Feder von Felix Huby
Dresden/Leipzig: Bruno Ehrlicher (Peter Sodann) und M. Kain (Bernd Michael Lade)
Berlin: Ernst Roiter (Winfried Glatzeder) und Michael Zorowski (Robinson Reichel)
Bremen: Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen)
Frankfurt am Main: Charlotte Sänger (Andrea Sawatzki) und Fritz Dellwo (Jörg Schüttauf)
Saarbrücken: Jens Stellbrink (Devid Striesow)
Weimar: Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner) waren nicht nur beruflich Partner. Der ursprünglich eher humorvoll angelegte Weimarer „Tatort“ endete mit Lessings Tod.

Deutschland im Spiegel des „Tatort“

Auch wenn der „Tatort“ wahrlich kein realistisches Abbild von Polizeiarbeit zeichnet (dazu später mehr), ist er bei der Wiedergabe der deutschen Gesellschaft und auch der Gesellschaft der jeweiligen Handlungsorte um ein möglichst realistisches Bild bemüht und greift so immer wieder gesellschaftspolitische Themen auf.

Deutsche Teilung

Schon der erste „Tatort“ von 1970, „Taxi nach Leipzig“, griff Willy Brandts Ostpolitik und somit auch die deutsche Teilung auf – ein Thema, mit dem sich noch viele kommende Episoden beschäftigen würden, etwa „Transit ins Jenseits“ und „Unter Brüdern“. Mit „Polizieruf 110“ hatte die DDR eine von Honecker persönlich eingeklagte Version vom „Tatort“, die bis heute produziert und von manchen leicht spöttisch auch „Ossi-Tatort“ genannt wird.

Milieu-Studien

Der „Tatort“ versucht immer wieder, bestimmte gesellschaftspolitische Milieus näher zu beleuchten und deren Lebensweise und Probleme aufzuarbeiten. Das gelingt nicht immer. So führte „Wem Ehre gebührt“ zu heftigen Protesten der im Film dargestellten Aleviten.

Grundsätzlich bemüht sich der „Tatort“ aber, wohlwollend mit Minderheiten und deren Problemen umzugehen. Doch nicht nur Migranten und wirtschaftlich schwache soziale Gruppen können Gegenstand des „Tatort“ werden. Man dringt auch in die Finanzbranche, die Politik und politische Gruppen wie Neonazis oder Reichsbürger, Vereinsmilieus, die Jugendkultur oder bestimmte Arbeitsfelder ein.

„Tatort“: Das waren die heftigsten Fälle in 50 Jahren

Apropos Arbeit: Die Einführung von Kult-Kommissar Horst Schimanski im Jahre 1981 stellte auch einen Bruch im deutschen Fernsehkrimi dar, denn statt des sehr gesitteten bourgeoisen Ermittlers kam ein Kommissar nun klar und deutlich aus dem Arbeitermilieu.

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„Tatort“: Die größten Quoten-Flops

Obwohl regelmäßig etwa 9 Millionen Menschen hierzulande einschalten, wenn „Tatort“ läuft, gibt es natürlich neben Quoten-Überfliegern auch Ausreißer nach unten.

Beginnen wir mit der Folge, deren Scheitern besonders drastisch war und sich zudem zweimal ereignete: „Tschiller: Off Duty“ war ein „Tatort“ mit Til Schweiger, der sogar im Kino lief. Dort floppte er. Später wurde er als regulärer „Tatort“ ausgestrahlte. Auch da wurde er zum Rohrkrepierer. Für Til Schweiger war der Schuldige schnell ausgemacht: die ARD. Denn im Sommer, so Schweiger, zwischen der Fußball EM, würde schließlich niemand mit einem „Tatort“ rechnen.

50 Jahre „Tatort“ – die beliebtesten Kommissare, die größten Flops

Die Sendezeit scheint tatsächlich einen Einfluss zu haben, denn „Falscher Hase“ (zehnter Fall des Frankfurter Ermittlerduos Janneke und Brix) am 1. September 2019 startete wegen der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg zehn Minuten später als sonst.

Die Quote war niederschmetternd, statt der üblichen rund 10 Millionen Zuschauern schalteten nur 6,6 Millionen ein – für einen Sieg über Rosamunde Pilcher im ZDF reichte es dennoch. Und schließlich geht es weit schlechter: 1997 lockte „Schlüssel zum Mord“ (der sechste Fall des Berliner Ermittler-Duos Roiter und Zorowski) nur 4,45 Millionen vor die Mattscheibe.

Promis im „Tatort“: Die besten Gastauftritte

Da der „Tatort“ das Flaggschiff des deutschen Fernsehens ist, hatten nahezu alle deutschen Schauspielgrößen früher oder später eine Rolle in der Krimireihe. Hin und wieder schauen aber auch andere Berühmtheiten für ein Gastspiel beim „Tatort“ vorbei. Im Folgenden ein paar denkwürdige Auftritte.

Helene Fischer

In „Der große Schmerz“ (2016) versuchte sich Deutschlands Schlagerkönigin Helene Fischer als Schauspielerin. In dem Tschiller-„Tatort“ spielt sie eine ukrainische Kriminelle.

Klaus Doldinger

Der Name Klaus Doldinger dürfte nur wenigen Zuschauern bekannt sein, obwohl er wohl die einzige Konstante des „Tatort“ verkörpert. Doldinger, der in der Kölner Episode „Wacht am Rhein“ (2017) einen Straßenmusiker spielt, ist der Komponist der Titelmelodie vom „Tatort“.

Armin Laschet

In der Crossover-Folge „Das Team“, die an Neujahr 2020 ausgestrahlt wurde, hatte NRW Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) einen  Cameo-Auftritt als er selbst. Die Folge brachte Ermittler verschiedener „Tatorte“ zusammen. Der Gastauftritt des CDU-Kanzlerkandidaten wurde jedoch durch den Tod von Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) aus dem Münsteraner „Tatort“ überschattet.

„Tatort“: Weitere erwähnenswerte Gastauftritte und Cameos

  • In „Heimatfront“ (2011) spielte Harald Schmidts ehemaliger Sidekick Manuel Andrack einen Kneipenwirt.
  • „Schwelbrand“ (2007) sah die Gastauftritte von mehreren Musikern. Im Zentrum stand Jeanette Biedermann als Neonaziaussteigerin, aber auch Revolverheld, MIA., Mattafix, Stefan Gwildis, Mike Leon Grosch und Simon Webbe waren mit von der Partie.
  • In „Totentanz“ (2002) hatte Bela B von Die Ärzte einen Gastauftritt als DJ.
  • Hugo Egon Balder spielte 2009 in „Burowski und die Sterne“ einen Rockstar.
  • Schon 1974 hatte Udo Lindenberg ein Gastspiel in „Kneipenbekanntschaft“.
  • In der Folge „Im Herzen Eiszeit“ (1995) spielte Rio Reiser den im Zentrum der Handlung stehenden Ex-Sträfling Reinhard Kammermeier. Außerdem war Rudolph Moshammer als er selbst dabei. Moshammer hatte eine weitere Gastrolle in „Blaues Blut“ (2000) als jemand, der Adelstitel verkauft.
  • Anke Engelke und Ingolf Lück von der „Wochenshow“ spielten in „Tod im All“ (1997) Mitarbeiter eines Radiosenders. In einer Traumsequenz hatte zudem Nina Hagen einen Gastauftritt.
  • In „Schatten“ (2002) hatte kein Geringerer als James-Bond-Darsteller Roger Moore einen Gastauftritt als er selbst.
  • In „Borowski und der freie Fall“ (2012) spielte der „Tagesthemen“-Moderator Tom Buhrow sich selbst.
  • Karl Moik spielte im Jahr 2000 in „Einmal täglich“ kurz einen Gerichtsmediziner.

„Tatort“: Das steckt hinter dem legendären Vorspann

Der Vorspann des „Tatorts“ ist wohl das Ikonischste, was das deutsche Fernsehen je hervorgebracht hat, und das mit ganz einfachen Mitteln: Close-Up auf ein Augenpaar, ein flüchtiger Mann, farbige Sehschlitze, ein Fadenkreuz, ein Fingerabdruck und spannungsgeladene Musik.

Die Musik

Wie schon erwähnt, stammt die legendäre Titelmusik aus der Feder des Jazzmusikers und Komponisten Klaus Doldinger. Sie wurde nur zweimal ganz leicht von ihm modifiziert: 1979 und 2004. In der ursprünglichen Fassung von 1970 spielte übrigens kein Geringerer als Udo Lindenberg das Schlagzeug.

Der Flüchtige

Der Darsteller, dessen Augen und Beine wir seit über 50 Jahren im Vorspann sehen, heißt Horst Lettenmayer. Der bayerische Darsteller und Geschäftsmann erhielt für den Dreh 400 DM, was ihm damals dafür dreimal in die Kamera zu gucken und etwas über den damaligen Flughafen München-Riem zu rennen, als guter Deal erschienen sein mag. Rückblickend stört die Gage schon unser Gerechtigkeitsempfinden. 1989 spielte Lettenmayer in „Der Pott“ übrigens das Mordopfer.

Die Grafik

Das Design des Vorspanns stammt von Kristina Böttrich-Merdjanowa, die von der ARD damals 2.500 DM erhielt. Sie fand später, dass dies zu wenig sei und wollte zudem im Abspann des „Tatort“ namentlich genannt werden. Der 2009 vor dem Landgericht München I eingereichten Klage wurde in der ersten Instanz auch in weiten Teilen stattgegeben. Das Oberlandesgericht München wies die Klage in zweiter Instanz ab.

Rechtliche Kontroversen

Angesichts der über 1.000 Folgen, sensibler gesellschaftlicher Themen und ganz allgemein der Darstellung von Polizeiarbeit, bleiben beim „Tatort“ Kontroversen nicht aus.

Problematische „Tatort“-Folgen

Die Folge „Krokodilwächter“ (Kommissare Ernst Roiter und Michael Zorowsk, Berlin) landete nach ihrer Erstausstrahlung 1996 wegen zu expliziter Gewaltdarstellungen und sonstiger Verstöße gegen den Jugendschutz im Giftschrank.

Viele Folgen, die sich mit bestimmten Bevölkerungsgruppen auseinanderzusetzen versuchten, missglückten bei diesem Ansinnen und sind seither ebenfalls in der Versenkung verschwunden: „Mit nackten Füßen“ (1980; falsche Darstellung von Epilepsie), „Tod im Jaguar“ (1996; Vorwurf des Antisemitismus) und „Wem Ehre gebührt“ (2007; rassistische Darstellung von Aleviten).

„Tatort“ – die größten Skandale vor und hinter den Kulissen

„Der Fall Geisterbahn“ von 1972 wird aktuell nicht mehr wiederholt, da die Produktionsfirma Horst Film GmbH & Co. KG Berlin schon kurz nach der Erstausstrahlung insolvent war und und seitdem offene lizenzrechtliche Fragen bestehen. 

#allesdichtmachen

An der Aktion #allesdichtmachen, die offen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und den Umgang der Medien mit der Pandemie attackierte, hatten sich mit Jan Josef Liefers, Ulrich Tukur und Heike Makatsch auch einige „Tatort“-Ermittler beteiligt.

Dafür hagelte es kollektiv für alle Beteiligten heftigste Kritik – ganz gleich, wie sie sich im Einzelnen geäußert hatten. WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin schrieb auf Twitter: „Jan Josef Liefers und Tukur u.a. verdienen sehr viel Geld bei der ARD, sind deren Aushängeschilder. Auch in der Pandemie durften sie ihrer Arbeit z.B. für den ‚Tatort‘ unter bestem Schutz nachgehen. Durch ihre undifferenzierte Kritik an ‚den Medien‘ und demokratisch legitimierten Entscheidungen von Parlament und Regierung, leisten sie denen Vorschub, die gerade auch den öffentlich-rechtlichen Sendern gerne den Garaus machen wollen.“ Er forderte eine sofortige Beendigung der Zusammenarbeit mit den Schauspielern.

Darstellung der Polizeiarbeit

Immer wieder für Kontroversen sorgte die wenig realistische Darstellung der Polizeiarbeit. Das beginnt mit dem Krimi-Klischee von den zwei Ermittlern, die quasi im Alleingang den Fall lösen. Bei echten Mordfällen arbeitet ein breit aufgestelltes Team von Polizisten, Forensikern und anderen Spezialisten zusammen. Auch die Verhörszenen im „Tatort“ sorgten immer wieder für heftige Kritik, wären sie doch so wie dargestellt nicht rechtens.