Teils droht BußgeldNervig, aber wichtig fürs Ökosystem: Darf man Insekten töten?

Schmetterlinge, Bienen, Käfer: Wichtig fürs Ökosystem, aber nervig für den Menschen. (ncz/spot)
Schmetterlinge, Bienen, Käfer: Wichtig fürs Ökosystem, aber nervig für den Menschen. (ncz/spot)

Katho Menden/Shutterstock.com

SpotOn NewsSpotOn News | 16.07.2023, 17:01 Uhr

Eine Last für den Menschen, aber wichtig für das Ökosystem: Darf man Insekten wie Bienen, Wespen oder Mücken töten? Einige stehen unter Artenschutz, ein Bußgeld könnte drohen. Aber auch moralisch sollten sich Tierliebhaber Gedanken machen.

Gerade im Sommer hat man es vermehrt mit einigen unliebsamen Gästen zu tun, die summen, schwirren und stechen: Mücken, Wespen, Bienen und andere Insekten können an lauen Sommerabenden zur echten Last werden. Niemand will gestochen werden und Folgen wie Schmerzen oder Juckreiz ertragen müssen. Doch darf man die kleinen Tiere einfach töten? Neben moralischen Konflikten kann es nämlich auch zu Bußgeldstrafen kommen. Schließlich stehen einige Insekten unter Artenschutz. Was ist erlaubt? Ein Überblick.

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Töten verboten!

Weltweit sind laut WWF etwa 40 Prozent aller Insektenarten vom Aussterben bedroht und auch in Deutschland sinken die Bestände der 33.000 bekannten Insektenarten massiv. Ein Problem für die Umwelt – denn unscheinbare Tiere wie Insekten haben oft eine tragende Rolle im Ökosystem. Auch der Mensch leidet darunter, Insektensterben kann zudem zu realen wirtschaftlichen Schäden führen. Zahlreiche Arten stehen daher unter Artenschutz, sie zu töten ist daher generell verboten.

Dazu gehören etwa Wespen: Wer die schwarz-gelben Tiere tötet, verstößt damit unter Umständen gegen das Bundesnaturgesetz, das es allgemein verbietet, "wild lebende Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten". Das gilt aber nicht für alle Wespenarten: Kreisel- und Knopfhornwespen stehen etwa unter besonderem Artenschutz, sie dürfen gar nicht gefangen oder verletzt werden. Unter Schutz stehen auch Wespennester – und zwar die aller Arten. Wer sie beschädigt oder zerstört, riskiert ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.

Von den ursprünglich über 550 heimischen Bienenarten in Deutschland sind bereits rund 40 ausgestorben, mehr als 40 Prozent gelten als bestandsgefährdet – auch sie stehen daher unter Artenschutz. Auch Hornissen, Hummeln und Schmetterlinge sind durch dieses Gesetz geschützt. Es droht je nach Bundesland ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro.

Auch Spinnen – zwar unbeliebt, aber hierzulande nicht gefährlich – stehen als wild lebende Tiere grundsätzlich unter Naturschutz. Laut § 39 des Bundesnaturschutzgesetzes ist es verboten, sie zu töten. Das gilt im Übrigen auch für Spinnennetze, die als Lebensstätte von Spinnen gelten und nicht zerstört werden dürfen. Fünf Spinnenarten gelten in Deutschland als besonders geschützt. Sie darf man ohne Genehmigung nicht einmal fangen oder stören.

Mücken darf man erschlagen

Bei Stechmücken sieht es etwas anders aus. Laut Bußgeldkatalog ist es erlaubt, die lästigen Blutsauger zu töten. Es handelt sich nicht um eine Ordnungswidrigkeit, da Mücken hierzulande nicht unter Naturschutz stehen. Zudem können sie teils gefährliche Krankheitserreger übertragen. Behörden wie das Umweltbundesamt geben sogar Tipps zur Beseitigung von Stechmücken.

Moralisches Dilemma: Insekten haben keine Lobby

Abseits jeglicher Bußgeldstrafen muss man sich jedoch auch die Frage stellen, ob es moralisch in Ordnung ist, Insekten zu töten. Immerhin verbinden wir Sprichwörter wie "keiner Fliege was zuleide tun" mit besonders sanften Menschen, die anderen keinen Schaden zufügen würden. Auf der Social-Media-Plattform TikTok machen seit einiger Zeit Gedichte wie "I hope I don't get killed for the crime of being small" (zu Deutsch: "Ich hoffe, niemand tötet mich für das Verbrechen, klein zu sein") oder "Ten Legs, Eight Broken" (zu Deutsch: "Zehn Beine, acht gebrochen") die Runde, die auf emotionalen Weg auf den moralischen Aspekt des Tötens von Insekten aufmerksam machen sollen.

Denn allgemein hält sich das Mitleid mit Insekten sowie einigen anderen Tierarten eher in Grenzen. Untersuchungen zeigen, dass Tiere, die wir als "unsympathisch", "hässlich" oder "eklig" empfinden, seltener eine Lobby haben. Häufig spielen Ekel und Ängste – wenn auch unbegründet – dabei eine Rolle. Wissenschaftler fanden zudem heraus, dass wir mehr Empathie für Tiere entwickeln, die dem "Kindchenschema" entsprechen, also menschlichen Säuglingen ähneln.

In einigen Religionen steht der Insektenschutz ganz weit oben. So treffen Jain-Mönche erhebliche Maßnahmen, selbst den kleinsten Lebewesen nicht zu schaden. Unter anderem tragen sie Masken, um ein versehentliches Einatmen fliegender Insekten zu vermeiden. Buddhistische Mönche benutzen beim Trinken oft ein Sieb, um zu vermeiden, dass Insekten getötet werden. Der Taoismus befiehlt unter anderem, bei jedem Schritt auf Ameisen und Insekten zu achten. Und auch im Judentum und Christentum gibt es ähnliche Meinungen.

Westliche Ethikexperten und Entomologen sind sich relativ einig, was den moralischen Konflikt angeht: Aus ökologischer Sicht sollte man eine Art nicht töten, auch wenn sie für uns unangenehm ist. Geht es nur um das Individuum, etwa eine einzelne Mücke, ist das eher in Ordnung. Im "Ehrenkodex entomologische Feldarbeit" des Naturschutzbunds (NABU) heißt es dazu auch, die Gefährdung von Insekten beruhe fast ausschließlich auf der Vernichtung und Einengung ihrer Lebensräume, dem Rückgang vieler Pflanzenarten sowie derjenigen Tierarten, die Anthropoden als Wirte dienen.