PromikinderInhaler: Sohn von U2-Sänger Bono macht Rockkarriere! Unser Interview

Inhaler: Sohn von U2-Sänger Bono macht Rockkarriere! Unser Interview
Inhaler: Sohn von U2-Sänger Bono macht Rockkarriere! Unser Interview

Foto: Inhaler/Youtube Anaïs Gallagher, Sam Hannigan and Glenn Hanstock

Paul VerhobenPaul Verhoben | 05.03.2020, 23:50 Uhr

Inhaler sind die Band der Stunde. Und das nicht nur, weil ihr Sänger Elijah Hewson (20) der Sohn von U2-Frontmann Bono Vox ist. Ihre bisherigen Singles „My Honest Face“ und „Ice Cream Sundae“ klingen nach hymnischem Liedgut von den Killers und Strokes – und nach Papa! Ihr Debütalbum wird zwar erst im Sommer erwartet, auf Tour durch Deutschland sind sie aber jetzt schon. Warum Elijah bereits ein berühmtes Albumcover zierte und was Daddy Bono zu seinen musikalischen Ambitionen sagt, erzählte er klatsch-tratsch.de-Reporterin Katja Schwemmers beim Interview in Hamburg.

Elijah, es kommt nicht oft vor, dass ein Sänger noch vor Veröffentlichung seines Debüts bereits das Albumcover einer anderer Band ziert – in diesem Fall den Bestseller „Songs Of Experience“ von U2. Hast du es bedauert, dir das nicht fürs eigene Album aufgespart zu haben?
Nein, überhaupt nicht. Es hat viel für das Album von U2 bedeutet, dass ich auf dem Cover war, und viel für meinen Dad. Es ist ja auch schon lange her, dass die Fotografie von Anton Corbijn dafür entstanden ist. Ich sehe auf dem Artwork so jung aus, vermutlich erkennt mich eh keiner mehr.

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Cover Songs Of Experience von U2. Foto: Anton Corbijn/Universal Music

Warst du viel mit deinem Vater auf Reisen, wenn er mit U2 durch die Welt getourt ist?
Als Kind schon. Und alles, was ich sah, waren Hotelzimmer. (lacht) Mit meiner eigenen Band ist das nun anders: Wir sind im Van unterwegs, ich bin viel draußen, ich treffe ständig neue Leute und habe Spaß. Das ist alles unglaublich toll.

Hat es trotzdem deinen Wunsch bestärkt, selbst Sänger zu werden, deinen Vater vor großem Publikum gesehen zu haben?
Ganz ehrlich: Wenn es irgendeinen Wunsch bestärkt hat, dann eher, das nicht machen zu wollen. Denn mich hat Musik überhaupt nicht interessiert. Erst als ich 14 wurde, den Song „1979“ von den Smashing Pumpkins hörte, dessen Titel ich mir dann sogar auf den Arm tätowieren ließ, war das der Moment, wo sich das Blatt wendete.

Fühlt ihr euch als Band unter besonderer Beobachtung, eben weil du der Sohn eines berühmten Rockmusikers bist? Denn normalerweise lassen es Jungs in eurem Alter doch krachen.
Oh, das tun wir auch! Wir sind ganz normale Typen, die eine gute Zeit haben wollen. Klar, ich muss schon vorsichtiger sein. Aber letzten Endes muss das jeder in dieser Band. Und wohl auch jeder junge Künstler, denn alle sind durch iPhones heutzutage ständig unter dem Mikroskop, alle werden ständig gefilmt. Du musst also vorsichtig sein, aber du musst auch leben. Wir ändern jedenfalls nicht, wie wir Dinge handhaben, nur wegen unserer besonderen Situation. Es definiert auch nicht unsere Musik. Ich glaube eh, unser Publikum sollte eher vorsichtig sein, was sie über uns lesen. Denn da sind so viele Falschmeldungen im Umlauf. Die Wahrheit ist heute nebulöser als früher.

Wer Inhaler live erlebt hat, dürfte überrascht sein, wie sehr du deinem Vater ähnelst.
Das höre ich nicht zum ersten Mal! Beim Radio sagen sie: „Oh mein Gott, unfassbar, er klingt wie sein Vater!“ Wenn sie unseren Gig gesehen haben, heißt es: „Oh mein Gott, er sieht aus wie sein Dad!“ Aber das kommt nun mal dabei raus, wenn ein Mann und eine Frau beschließen, eine Familie zu gründen.

Wie habt ihr als Band zusammen gefunden?
Drei von uns gingen auf dasselbe Gymnasium. Sobald wir merkten, dass wir auf dieselbe Musik stehen, die gar nicht mal viele Leute in unserem Alter hörten, fingen wir an, selbst welche zu machen. Drei oder vier Jahre lang. Dann schloss sich uns Josh als Schlagzeuger an, und die Band nahm Form an. Wir verliebten uns in die Idee einer Band, obwohl wir zuvor nie Schlachtpläne hatten wie: Wir wollen eine Band gründen, groß werden und Stadien spielen. Wir waren einfach vier Typen, die zusammen abhingen, Coversongs spielten, Pizza aßen und Gras rauchten. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert.

Außer, dass ihr jetzt eigene Songs spielt anstelle der Coverversionen.
Ja, damals coverten wir viel von Joy Division. Die New Yorker Szene um Bands wie Strokes und Interpol zählen genauso zu unseren Einflüssen wie die 90er-Rave-Szene von Manchester mit Bands wie den Stone Roses und New Order.

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Universal Music

Ist es wichtig für euch, dass eure Musik tanzbar ist?
Absolut. Wenn es darum geht, Dance-Musik mit Rockmusik zu kombinieren, sind New Order unsere großen Vorbilder und Depeche Mode. Wir versuchen, es ähnlich anzugehen und moderne Dance-Elemente mit dreckigen Rock’n’Roll-Zeilen zu kombinieren.

Wie hat dein Vater reagiert, als du ihm sagtest, dass du in einer Band bist?
Meine Eltern haben ehrlich gesagt genauso spießig reagiert wie die Eltern der anderen drei. „Wirklich? Du willst in einer Band sein? Denkst du nicht, du solltest erst das College besuchen?“ (lacht) Zur selben Zeit waren unsere Eltern sehr unterstützend, weil sie wollten, dass wir das tun, was wir lieben.

Und nun ist Papa Bono stolz?
Schon. Aber noch mehr erleichtert. Erleichtert darüber, dass wir von etwas getrieben sind. Denn in der Schule fühlten wir uns nie zugehörig und haderten mit allem. Aber jetzt, wo wir unsere Passion gefunden haben, sind wir als Band voll motiviert.

Dabei ist es keine gute Zeit für Rockmusik.
Die letzten drei, vier Jahre war es ziemlich ruhig um das Genre, aber wir fühlen, dass es so langsam ein Comeback dafür gibt und Rockbands wieder groß werden können. Die junge, maskuline Wut, die den Rock’n’Roll von früher auszeichnete, hat sich in Richtung Rap verschoben. Deshalb ist das Genre heute so stark bei Teenagern, die sich dazu austoben können. Wir wollen jetzt nicht sagen, dass wir eine wütende Band sind, aber rumtoben kann man zu unserer Musik auch. Rock’n’Roll braucht diesbezüglich eine Injektion. Energie haben wir jedenfalls jede Menge.

Ihr habt als Support von Noel Gallagher in Manchester gespielt.
Und wir waren ziemlich nervös deswegen! Wir spielten ja schon um 15 Uhr im Regen auf dieser riesigen Bühne, die wir nicht gewöhnt sind. Etwas sagte uns, wir sollten das besser nicht tun, weil es eine Nummer zu groß für uns ist. Aber die andere Stimme war lauter, die meinte: Es wäre dumm von uns, nein dazu zu sagen. Es war dann auch eine gute Erfahrung. Es ist hart, auf so einer Bühne zu spielen, wenn die Einlasstüren gerade mal 15 Minuten offen sind. Ich glaube, als wir spielten, war Noel noch Zuhause. (lacht) Andererseits nimmt es etwas von dem Druck, wenn man nicht gleich ein komplettes Programm bestreiten muss.

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Elijah Hewson: 2.v.r. Foto: Anais Gallager

Noels Tochter Anaïs Gallagher hat zu eurem Video von „My Honest Face“ beigetragen.
Ja, sie ist eine Freundin von uns. Es ist ein DIY-Video. Wir hatten keine Zeit, so ein fettes Video wie zu „Ice Cream Sundae“ zu drehen. Wir wollten es roh halten. Also fragten wir drei Menschen nach Mitschnitten von unserem Konzert. Anaïs war einer davon. Den DIY-Stil haben wir übrigens bis heute für unsere Arbeit beibehalten.

Du schreibst die meisten Texte für die Songs von Inhaler. Hilft es, einen poetischen Vater zu haben?
Nicht wirklich. Natürlich hat er mich öfter mal dazu angehalten, ein Buch zu lesen. Prinzipiell bin ich aber eh mehr von Filmen beeinflusst. Klassiker wie „Blade Runner“ zum Beispiel, der vor 38 Jahren noch ferne Zukunftsmusik war, aber heutzutage nicht mehr weit von der Realität entfernt liegt. Das ist verrückt! Eigentlich macht die Tatsache, dass mein Vater die Texte für U2 schreibt, sogar schwieriger für mich.

Inwiefern?
Wir müssen immer vorsichtig sein, nicht zu sehr seiner Band zu ähneln. Es passiert, dass wir denken, dass ein Text oder Song zu nah an U2 dran ist – zumindest passiert das häufiger mit U2 als mit anderen Bands…

Ist dein Vater neidisch auf die guten Songs von Inhaler?
Ha! Er würde es niemals zugeben, wenn er es wäre!

Wenn du im hymnischen Song „Ice Cream Sundae“ von der Fragilität des Glücks singst, klingt das musikalisch nach Eskapismus, textlich aber ganz schön erwachsen.
Dabei haben wir das Stück geschrieben, als wir 16 waren! Ich glaube, heutzutage sind Teenager gezwungen, etwas schneller älter zu werden. Es gibt Social Media, die Klimakrise, Boris Johnson und diese ganzen verrückten Männer, die an der Macht sind. Da ist dieses Gefühl, dass die Welt am Abgrund steht, was unserer Generation einerseits Angst einjagt, andererseits aber auch einen Arschtritt verpasst, um das Ruder selbst in die Hand zu nehmen und Einfluss auf die Welt zu nehmen.

Kennt ihr Zukunftsängste?
Ich habe einfach Angst, dass das alles die Norm wird. Da waren viele Schocks in jüngster Zeit, die irgendwie nicht mehr schockieren konnten. Jemand sagte zu mir, dass es überhaupt nicht überraschend gewesen sei, dass Boris Johnson gewählt wurde, denn wenn Trump gewählt wurde, war klar, dass es jeder schaffen kann. Jedes Mal schockt es also etwas weniger als zuvor. Es wird einfach zur Norm. Wir haben Hardcore-Linke und Hardcore-Rechte in den Regierungen. Die Demokratie scheint sehr schwach zu sein momentan. Für Demokratie muss man wirklich arbeiten; das wissen selbst wir als vier gleichberechtigte Individuen in einer Band. Demokratie existiert nicht einfach nur. Die Menschen müssen sich vergegenwärtigen, dass Demokratie der Schlüssel ist.

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imago images / PA Images

Könntest du dir vorstellen, politische Songs zu schreiben?
Ich denke, unter der Oberfläche sind sie das vermutlich schon. Momentan konzentrieren wir uns aber auf die spaßige Seite der Musik und vergessen alles andere. Ich will bei einem Konzert doch nicht noch mehr Mist über Trump hören. Wir liefern die Flucht aus dem Alltag, denn es gibt genug schlechte Nachrichten überall um uns herum. Wir bemühen uns also redlich, dem ganzen Scheiß zu entfliehen und Spaß zu verbreiten mit tanzbarer Rockmusik.

Inhaler auf Tour:

6.3. Hamburg, Gruenspan