Neue BiografieBill Kaulitz: „Wurde als Schwuchtel und Zwitter beschimpft“

Bill Kaulitz: ''Wurde als Schwuchtel und Zwitter beschimpft''
Bill Kaulitz: ''Wurde als Schwuchtel und Zwitter beschimpft''

Foto: Sony Music/Julia Steiner

Redaktion KuTRedaktion KuT | 25.01.2021, 11:00 Uhr

In seiner Biografie „Career Suicide“ spricht Bill Kaulitz so ausführlich wie noch nie über seine Kindheit und Jugend. Schon als kleiner Junge hat der Sänger lieber Mädchenklamotten getragen. In der Schule wurde er dafür gemobbt.

Heute kann Bill Kaulitz (31) seine Vorliebe für feminine Looks ausleben, wie er möchte. Bis auf ein paar Hater im Netz stört sich daran wohl keiner mehr. Vielleicht war es gerade ja auch dieses Anderssein, das die steile Karriere des Allround-Talents überhaupt erst zum Laufen gebracht hat, denn eines steht fest: Wer sich im Showbiz einen Namen machen möchte, muss aus der Masse herausstechen. Doch die Zeit vor der großen Karriere war oft alles andere als einfach für Bill Kaulitz. Darüber schreibt der Superstar jetzt in seiner Biografie „Career Suicide – Meine ersten dreißig Jahre“.

Kindheit auf dem Dorf

Doch wer Gender-Normen bricht, läuft auch Gefahr, beschimpft zu werden. Insbesondere wenn man als Junge in Loitsche, einem 600 Seelendorf in der ehemaligen DDR aufwächst – so wie Bill Kaulitz. Nachdem seine Mutter Simone einen neuen Lebensgefährten gefunden hatte, zog sie 1999 mit ihren Zwillingssöhnen in den kleinen Ort 30 Kilometer nordöstlich von Magdeburg.

Foto: Sony Music/Julia Steiner

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Keiner glaubte ihnen, dass sie Zwillinge sind

Die Schulzeit dort war für den Sänger alles andere als einfach: „Die Nachricht, dass ich ein Junge war und Tom und ich sogar eineiige Zwillinge, was keiner hier überhaupt verstand, geschweige denn jemals im Leben schon einmal vorher gesehen hatte, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die Jungs fingen an zu pöbeln, in den Schulgängen wurde ich beschimpft, mit Zetteln beschmissen, oder mir wurden Beine gestellt“, erklärt Bill Kaulitz in seiner Biografie.

„Die Stimmung kippte drastisch schnell. ‚Schwuchtel‘, ‚Tunte‘, ‚Zwitter’…Noch bevor ich bis drei zählen konnte, mutierte ich zum Mobbing-Opfer, und das war nun wirklich ein Schuh, der mir so gar nicht passte.“

Foto: Julia Steiner

Bill Kaulitz hat sich den Toilettengang verkniffen

Kinder können grausam sein. In Bills Fall ging das sogar so weit, dass er sich während der Schule nicht einmal mehr auf die Toilette getraut hat. „Dass ich mich den gesamten Tag nicht auf die Toilette traute, weil mir die Jungs hier am ehesten auflauerten und mich dahin prügeln würden, wo ich hingehöre, in die Mädchentoilette, war die eine Sache – ich habe mir schnell angewöhnt, wenig zu trinken, und meine Blase trainiert, um den acht Stunden langen Tag nicht auf die Toilette zu müssen.“

Foto: Julia Steiner

Mit dem Fame wurde es sogar noch schlimmer

Wenige Jahre später gelang Bill und Tom mit Tokio Hotel und der Debüt-Single „Durch den Monsun“ der Durchbruch. Damals waren die Jungs gerade einmal 15 Jahre alt. An den Beschimpfungen änderte sich aber auch trotz des ganzen Fames nichts, nur dass sie jetzt nicht mehr nur von Mitschülern, sondern auch von Hatern aus ganz Deutschland kamen.

„Auf der einen Seite fielen die Mädchen in Ohnmacht und schrieben uns Liebesbriefe, und auf der anderen Seite gab es die pöbelnden Jungs, die mir ‚Schwuchtel‘ und ‚Zwitter‘ hinterherriefen. In ganz Deutschland gab es auf einmal so viel Hass – und ehrlich gesagt hatten wir auch meistens deshalb so viel Security dabei. Wir erhielten Morddrohungen, was unsere Eltern und vor allem meine Mutter unglaublich besorgte.“

Foto: Ullstein Buchverlage

Heute lebt er in Los Angeles

Die Konsequenz der Drohungen: Bill und die anderen Bandmitglieder standen lange Zeit unter Polizeischutz. Mittlerweile hat sich das zum Glück geändert. Heute lebt der 31-Jährige im hippen und toleranten Los Angeles, wo sich an der Ampel wohl keiner umdreht, wenn ein Mann in Frauenklamotten oder mit Schminke unterwegs ist.

Bill Kaulitz: „Career Suicide – Meine ersten dreißig Jahre“, Ullstein, 384 S., ISBN 978-3-550-20139-4, 22 Euro; erscheint am 1. Februar 2021.

(JuC)