ModelzirkusGNTM 2022: Warum dieses Finale so unterirdisch war

Anita, Luca, Martina, Noella und Lou-Anne gemeinsam mit Heidi Klum
Heidi mit ihren vier Finalistinnen

Foto: ProSieben/Sven Doornkaat

Redaktion KuTRedaktion KuT | 27.05.2022, 19:40 Uhr

Am Donnerstagabend war es soweit: das große GNTM-Finale 2022 auf ProSieben fand statt - und wurde von vielen Kritikern in Grund und Boden gestampft. Langatmig, langweilig, lustlos dürften die wichtigsten Attribute gewesen sein.

Es sollte Heidi Klums furioses Finale einer völlig überbewerteten 17. GNTM-Staffel 2022 werden. Was dabei herauskam? Eine Show, die am Donnerstagabend an Peinlichkeiten und Fremdscham nicht zu überbieten war.

Kuscheltiere und Trampolin, Kopf-Über-Walks, völlig überschminkte Gesichter, knallbunter Tüll und Cinderella-Looks – klingt eher nach Kindergeburtstag oder Freizeitpark als nach einem würdigen Model-Finale.

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Das GNTM-Finale: Schiefe Töne und schräge Moderation

Überraschend war eigentlich so gar nichts während der Show, schon gar nicht Heidis Gesangs-Auftritt. Jeder wartete nur darauf, bis die 48-Jährige ihren Song „Chai Tea with Heidi“ live performte. Allerdings schien ProSieben das Repertoire an Künstlern, die beim GNTM-Finale auftreten wollen, völlig aufgebraucht zu haben. Nicht einmal Snoop Dogg gab sich die Ehre noch einmal an der Seite von Heidi zu performen.

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Und auch sonst verzichtete die Show weitestgehend auf musikalische Acts, bis auf die ESC-Gewinner des letzten Jahres: die Italo-Rocker Maneskin. Wollte sonst niemand kommen oder sollte Heidis Auftritt für sich stehen? Die schiefe Trällerei zu Toms Klavier-Geklimper kam allerdings so gar nicht gut an. Im Netz hieß es unter anderem: „Erst mal Ton aus“. Klum gab die Schuld an den misslungenen Tönen übrigens der Technik.

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Und wen durfte man nicht vergessen beim großen Finale? Richtig, auf Kandidatin Sophie hatte wohl die eine Hälfte sehnsüchtig gewartet, die andere, nun ja, eher nicht so. ProSieben ernannte die Quasselstrippe kurzerhand zur Backstage-Moderatorin. Und natürlich ist aller Anfang schwer und man sollte niemanden für seine erste Leistung beurteilen.

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Trotzdem war das Ganze unangenehm mit anzusehen, da Sophie mit Worten wie „Bro“, „Du bist King“ oder „Ihr seid ehrenlos“ irgendwie die normale Moderations-Form, die man sonst so aus dem Fernsehen kennt, verfehlte und zeigte welche erbärmliche Spracharmut unter den jungen Leuten herrscht.

Was nicht unbedingt schlecht sein muss, aber eben auch falsch ankommen kann. Heidi wirkte zumindest so, als hätte sie Sophie gerne das Mikro aus der Hand gerissen…

Dafür warf sich sich mit der Berliner Kandidatin Lieselotte schnulzige Liebeserklärungen um die Ohren – „Heidi, du weißt ich liebe dich“; „Ich liebe dich auch Lieselotte“. Bussi, Bussi, Knuddel, Knuddel „Wir lieben uns“. Wäre das auch geklärt.

Kritikfähigkeit: Fehlanzeige

Es hätte wohl niemand damit gerechnet, dass vor dem groß angekündigten GNTM-Finale am vergangenen Vorwürfe gegen die Show und Heidi Klum aufkamen.  Die ehemalige Kandidatin Lijana zum Beispiel hatte auf YouTube ein Video hochgeladen, in dem sie über die angeblich wahren Zustände hinter den Kulissen der Show berichtete – der Clip wurde millionenfach geklickt. Man konnte schon fast erahnen, dass aus diesem Grund ein Schleier der Unruhe über der Finalshow liegen würde.

Eine Heidi Klum sollte im besten Fall kritikfähig sein und Stellung beziehen zu derartig Vorwürfen. Das tat die Model-Mama aber noch nie – auch nicht im Finale. Dabei war sie schon fast auf dem besten Weg. Mit den Worten „Liebe Kritiker“ eröffnete Heidi die Show – um dann lediglich zu verkünden, dass sie genau so weitermachen würde wie bisher. Das ist reichlich arrogant und überheblich. Klum glaubt, sie steht über allem.

Zwischenzeitlich blendete ProSieben Auszüge aus Medienberichten ein (unter anderem auch von unserer Seite!), die das Thema Diversity in der Show kritisch untersucht und hinterfragt haben. Nach dem Abspulen der verschiedenen Text-Auszüge herrschte ein paar Sekunden Stille – dann machte Heidi einfach weiter. Kein Wort zu den Berichten, kein persönliches Statement, lediglich geschnittene Aufnahmen, in denen sie kurz andeutete, dass sie mit viel Diversity (Überraschung!) auch in Zukunft weitermachen würde.

Im Netz kommt auch das Finale beim Thema „Deiiiivööörsitieee“ nicht gut weg, schließlich standen zuletzt drei weiße, blonde Frauen auf der Bühne. Thema verfehlt, Sechs. Setzen, liebe Heidi!

GNTM-Finale wird mal wieder zur One-Woman-Show

Bis es zu diesem Moment kam, musste man aber noch jede Menge anderer Peinlichkeiten überstehen. So war natürlich die gesamte Show wieder auf nur eine einzige Person ausgerichtet – nein, wir reden hier nicht von dem zukünftigen Topmodel, sondern natürlich von Heidi. Sie war allgegenwärtig: einer der wenigen musikalischen Acts, als Straßenschild präsent und ständig in Großformat vor der Kamera. Neben ihrer Über-Präsenz kamen nicht nur die Models, sondern auch die Juroren zu kurz.

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Als hätten genau das die Gäste kommen sehen, mussten immerhin ihre Outfits für Aufmerksamkeit sorgen. Designerin Marina Hoermanseder, deren Hals zwischen zwei riesigen Discokugeln auf ihren Schultern einfach verschwand, platzierte sich als Gesamt-Glitzerwerk neben der überkandidelten Heidi. Der amerikanische Fashion-Designer Jeremy Scott sorgte für jede Menge Lacher im Netz, da er sich für seinen Anzug offenbar von einem ganz bekannten Auto inspirieren ließ.

Später nahm Heidi dann noch den britischen Star-Designer Julien MacDonald an ihre Hand und hüpfte mit ihm fröhlich über die Bühne – als wäre er vier Jahre alt. Der 51-Jährige wusste nicht so richtig wie ihm geschieht, als er plötzlich seine Beine zum Takt der Musik schwingen musste und das länger als nötig. Und auch die Küsse, die Heidi ihm wie eine liebende Mutter auf die Wange drückte, schienen ihn zu verunsichern.

Die Zuschauer verunsicherte mit Sicherheit auch die irre rosa Teddybären-Kulissen rund um ein knallpinkes Trampolin-Bett. Und noch unsicherer war wohl Sophie bei ihrem Einsatz als „der zweitwichtigste Moderatorin des Abends“, wie sie sich selbst bezeichnete. Gerade bei den Models im rosa Himmelbett angekommen um ein paar Fragen zu stellen, schon musste Sophie wieder hektisch rausstolpern, da Heidi munter reingrätsche, dass nun alle soweit wären. Da kann man schon mal ins Stottern kommen.

Finale mit unangenehmer Anspannung

Ein Muster, das sich durch den ganzen Abend zog, denn jede Frage, die Heidi jemand anderem stellte, konnte nicht beantwortet werden. Sie fiel so gut wie jeder Person immer wieder ins Wort oder ging einfach weiter – etwas, das nur wieder für die One-Woman-Show steht, die das GNTM-Finale nun einmal ist.

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Doch in den finalen Minuten, in denen man sich schon gar nicht mehr sicher war, ob jetzt die Show weitergeht oder man noch in der fünfzigsten Werbung hängt, bekamen dann zumindest Luca und Lou Anne noch einmal die gebührende Aufmerksamkeit der Kameras. Die hatten sie zwar schon beim spektakulär angekündigten Final-Walk bekommen, herabhängend von der Decke wie frisierte Fledermäuse, doch jetzt wurde es ja nun mal ernst.

Übrigens stand Heidi in der Mitte und Lou Anne links von ihr – ein bekanntes Zeichen dafür, dass es sich an der Seite von Heidi um die Siegerin handelt. Während Luca starr und eingefroren geradeaus starrte, obwohl Heidi immer wieder versuchte Blickkontakt mit ihr herzustellen und Lou-Anne angespannt auf den Boden schaute, wurden im Hintergrund bereits die Cover des „Harper Bazaar“-Magazins eingeblendet (diese Spannung war also schon mal nicht mehr gegeben) – dann war es soweit: Heidi verkündete, welches ihrer beiden „Meeeeedchen“ das Finale gewinnt: Lou-Anne.

Es gab wohl noch nie eine Kandidatin, die sich so unbeeindruckt zeigte, nachdem sie „Germany’s Next Topmodel“ endlich gewonnen hatte. Innerlich fand sie den ganzen Zirkus womöglich auch nur zum Fremdschämen.