SillyZum 25. Todestag von Tamara Danz: Ihre Männer erinnern sich

Zum 25. Todestag von Tamara Danz: Ihre Männer erinnern sich
Danz 1989 mit den Silly-Musiker Barton, Reznicek und Hassbecker.

© IMAGO / teutopress

Paul VerhobenPaul Verhoben | 18.07.2021, 18:30 Uhr

DDR-Rockstar und Toupier-Wunder Tamara Danz starb 1996 in der Blüte ihres Lebens an Krebs. Sie wurde nur 43 Jahre alt. Jetzt sprachen ihre Lebensgefährten und Bandkollegen über den schleichenden Tod.

Sängerin Tamara Danz war Frontfrau der Deutschrock-Gruppe Silly. Die Band avancierte zu einer der namhaftesten Rockgruppen der DDR und wurde auch international bekannt.

Danz war nacheinander mit Silly-Mastermind Rüdiger „Ritchie“ Barton (67), der ab 1983 den neuen Silly-Sound maßgeblich beeinflusste, und dem begnadeten Gitarristen Uwe Hassbecker (61) liiert. Der kreativen Entwicklung in der Band und der persönlichen Freundschaft zwischen den beide Musikern und Produzenten stand dies offenbar nie im Wege.

Zum 25. Todestag von Tamara Danz: Ihre Männer erinnern sich

© IMAGO / teutopress

„Vielleicht hat sie was geahnt“

Anlässlich des 25. Todestages erinnern sich die beiden Vollblut-Musiker an die letzten Monate Frontfrau ihrer Band. Barton und Hassbecker pflegten die Sängerin bis zum Ende. Die Frau mit der unverwechselbaren Stimme starb schließlich in ihrer Wohnung am Gendarmenmarkt – mit Blick auf das Konzerthaus und die beiden berühmten Dome.

Barton, der sieben Jahre mit Danz liiert war, erinnert sich. „Als ich nach Berlin kam, landete ich zuerst bei der Band City“, erzählte er in der Kolumne „Die Lebenden und die Toten“ von Andreas Kurtz in der „Berliner Morgenpost“. Am Rande einer Fernsehsendung habe Barton Tamara kennengelernt. „Wir sind ganz schnell ein Paar geworden.“

Dann sollte für das letzte Silly-Album „Paradies“ mit ihr als Sängerin 1996 im Jahr zuvor die Lyrics liefern. Darauf besingt sie auch die eigene Sterblichkeit. „Sie wusste es nicht als sie die Texte schrieb. Sie hatte keine Diagnose, war noch bei keinem Arzt gewesen. Vielleicht hat sie etwas geahnt.“

„Das einzige was mir noch droht,
ist noch so ein Leben nach dem Tod“
(Silly-Song „Flut“)

Die Krebsdiagnose explodierte 1995 mitten in der Produktion des Albums. „Tamara war bei unserem Freund Wolfram Wermke, Professor für Ultraschalldiagnostik an der Charité, der über uns wohnte. Zu dem hatte sie Vertrauen. Tamara ging nicht so gern zu Ärzten.“

Video News

Behandlung durch Schulmedizin lehnte Danz ab

Umgehend folgte eine Operation, eine Chemotherapie lehnte Danz, die auch für ihre hochgestellte Frisur im Stile von Tina Turner bewundert wurde, ab. Hassbecker: „Es gab Bekannte, die sich um alternative Behandlungen bemüht haben. So kam Tamara zu einem Münchner Arzt und seiner nicht bewiesenen Methode. Alle haben Tamara davor gewarnt. Sie hat für sich beschlossen, das zu machen.“ Davon habe sie niemand abbringen können. „Sie flog einmal in der Woche nach München, um sich da behandeln zu lassen. Irgendwann hatte sie danach unerklärliche Schmerzen im Rücken. Dann waren wir an dem Punkt, da ging es ihr ganz schlecht. Sie kam aus München, war ein paar Tage zu Hause und konnte dann nicht mehr aufstehen. Sie war auch zunehmend verwirrt.“

Rund ein halbes Jahr vor ihrem Tod am 22. Juli 1996 heirateten beide. „Dahinter steckte sicher die Idee, mich in gewisser Weise abzusichern. Dass ich nicht aus der Wohnung fliege, denn sie stand im Mietvertrag und ich nicht“, gestand Hassbecker in dem Interview.

Zum 25. Todestag von Tamara Danz: Ihre Männer erinnern sich
Silly heute.

© IMAGO / Photopress Müller

Die Angst vor dem eigenen Tod

Der Tod der energiegeladenen Silly-Frontfrau wurde schließlich zur traurigen Gewissheit, hat die Freundschaft zwischen den beiden Musikern aber weiter gefestigt.

Ritchie Barton verriet: „Diese intensive Berührung mit dem Tod hatte ich zum ersten Mal. Wir haben die ganze Nacht bei Tamara verbracht. Man merkte richtig, wie in den Morgenstunden die Seele ihren Körper verließ.“ Für Uwe Hassbecker sei jene Nacht lebensverändernd gewesen: „Wenn jemand geht und du kriegst das bis zum letzten Atemzug mit, kommen Ängste. Die Angst vor dem eigenen Sterben. Ich liebe mein Leben.“

Erst ab 2006 kam der Frontfrau-Ersatz

Silly versuchten sich danach mit wechselnden Frontsängern. Danz schien konsequent unersetzbar. Schließlich trat Schauspielerin Anna Loos im Herbst 2006 die Nachfolge von Tamara Danz an. Ende Dezember 2018 wurde bekannt, dass Anna Loos nach kreativen Differenzen nicht mehr Teil von Silly sei. Ende 2019 wurden AnNa R. (Ex-Rosenstolz) und Julia Neigel als neue Sängerinnen vorgestellt.

Traurige Notiz am Rande: Ende Mai 2005 starb Schlagzeuger Herbert Junck mit 55 Jahren an Krebs. Matthias Schramm, bis 1986 Bassist der Band, verstarb überraschend 2007 im Alter von 57 Jahren.

Buchtipp: „Paradiesvögel fängt man nicht ein – Hommage an Tamara Danz“ (2021) Website Tamara Danz