Im Kleinbürgertum angekommenHinter den Tattoos und Muskeln: Wie „gangsta“ ist Rapper Bushido?

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Redaktion KuTRedaktion KuT | 17.02.2022, 08:47 Uhr

Provokante Texte, indizierte Songs, Schlägereien, Beleidigung und Vorstrafen: Ein Saubermann-Image hatte Bushido nie. Viele seiner Songs standen unter dem Verdacht des Rechtsextremismus, der Frauen- und Homosexuellenfeindlichkeit und des Antisemitismus. Zahlreiche Prozesse, unter anderem wegen Beleidigung und Körperverletzung, füllen die Gerichtsakten. Der Rapper macht seinem Image alle Ehre. Oder sind die Zeiten lange vorbei?

Denn es gibt auch den anderen Bushido, der kürzlich Vater von Drillingen wurde, sich in der Doku „Unzensiert – Bushido’s Wahrheit“ als liebevoller Familienvater zeigt – und der ehrlich reflektierend auf seine Vergangenheit zurückblickt.

In der sechsteiligen Dokumentation über Bushido (Amazon Prime), will der Rapper angeblich die „ganze Wahrheit“ erzählen. Über Frau und Kinder, vor allem aber in Bezug auf seine einstige Zugehörigkeit zum Abou-Chaker-Clan.

In der Doku blickt Bushido auf seine Fehler zurück

Denn weder privat noch beruflich trägt Bushido eine weiße Weste. 2014 wurde der Rapper von seiner Frau Anna-Maria Ferchichi wegen häuslicher Gewalt angezeigt. Einer der Auslöser für die massiven Streitigkeiten soll laut Angaben des Rappers seine Verbundenheit mit Arafat Abou-Chaker, dem Chef des Abou-Chaker Clans, gewesen sein, von dem er sich in der Folge nach und nach löste.

2020 begann dann der Prozess, in dem Bushido seinem ehemaligen Musikmanager Arafat Abou-Chaker räuberische Erpressung, Nötigung und gefährliche Körperverletzung vorwirft. Wie es dazu kam? Auch das verrät Bushido werbewirksam in der hauseigenen Doku „Unzensiert – Bushido’s Wahrheit“.

Bushido vor Gericht gegen Arafat Abou-Chaker

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Bushido ist kürzlich Vater von Drillingen geworden

Auslöser für die Abnabelung von dem Berliner Clan soll maßgeblich Bushidos Frau Anna-Maria Ferchichi gewesen sein. Anna-Maria Ferchichi ist die Schwester der berühmten Sängerin Sarah Connor (41) und heiratete den Rapper Bushido 2012. Noch im selben Jahr kam die erste gemeinsame Tochter auf die Welt.

Bushido, seine Frau und die Drillinge: Kann er Familienvater?

Nachdem in den folgenden Jahren noch drei weitere Kinder geboren wurden, verkündete das Ehepaar im Frühjahr 2021 stolz, dass erneut Nachwuchs unterwegs sei. Diesmal seien es Drillinge. Nach einer komplizierten Schwangerschaft erblickten die Drillingsmädchen Leonora, Naima und Amaya am 11. November 2021 gesund das Licht der Welt.

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Rapper Bushido: Die Verbindung zur Abou-Chaker Großfamilie

Früher gehörten Zärtlichkeit und Verletzlichkeit eher nicht zu Bushidos Image. Nachdem der Rapper mit seinem Album „Electro Ghetto“ (2004) erfolgreich in den Mainstream Hip-Hop einstieg, richtete sich auch das öffentliche Interesse auf ihn. Die Medien spekulierten wiederholt über Bushidos Verbindung zur organisierten Kriminalität. Konkret war eine Zugehörigkeit zur Berliner Großfamilie Abou-Chaker gemeint, die ihre Wurzeln im Libanon hat.

Bushido: Jetzt spricht die Schwiegermutter 

In ersten Interviews dazu gab Bushido nur vage Antworten. Auf den Hinweis eines Journalisten, dass die Familie mit organisierter Gewalt in Verbindung gebracht wird, antwortete Bushido ganz gangsta-mäßig: „Mir ist das scheißegal“.

Die Verbrechen von Abou-Chaker waren Bushido früher „scheißegal“

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Bushido: Ein Rapper auf Abwegen

Aber wie kam es eigentlich dazu, dass Bushido sich auf so glattes Eis begab? Bushido knüpfte nach der Beendigung seiner Schulzeit erste Kontakte zur Hip Hop- und Graffiti-Szene und wurde von dem Label Aggro Berlin unter Vertrag genommen. Doch seine Unzufriedenheit wuchs, da nach Bushidos Auffassung andere Künstler wie zum Beispiel Sido (40) stärker gefördert wurden und er seine Karriere nicht schnell genug vorankommen sah.

Arafat Abou-Chaker äußerst sich zum ersten Mal über Bushido-Doku

Doch das Label weigerte sich, den Rapper Bushido aus seinem Vertrag zu lassen. Bushido lernte daraufhin Arafat Abou-Chaker (45) kennen, der nach aktuellen Prozessberichten seinen Schützling Bushido mithilfe des Clans durch unkonventionelle und potentiell illegale Methoden aus dem Vertrag holte.

War bei der Trennung von Aggro Berlin Gewalt im Spiel?

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Generalvollmacht für den Abou-Chaker-Clan

Nach der zweifelhaften Entlassung aus dem Aggro Berlin-Vertrag wurde Arafad Bushidos neuer Musikmanager. Bushido gründete mit „ersguterjunge“ sein eigenes Plattenlabel und wurde damit reich. Heute wird Bushidos Vermögen auf 15 Millionen Euro geschätzt.

Im Dezember 2010 erteilte Bushido Arafat Abou-Chaker eine Generalvollmacht über sein Vermögen, sein gesamtes Eigentum und seine Konten. Im Nachhinein beschreibt Bushido das Verhältnis zum Clan so, dass er „nichts zu melden“ gehabt und der Clan-Chef einfach „alles entschieden“ habe. 2018 gab Bushido dann offiziell über seinen Facebook-Kanal bekannt, dass er sich vom Abou-Chaker-Clan distanzieren möchte und rechnete in seinem Song „Mephisto“ mit dessen Machenschaften ab.

Bushido erteilte Abou-Chaker eine Generalvollmacht

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Wende im Bushido-Prozess: Vom Kläger zum Angeklagten

Als 2020 der Prozess zwischen Bushido und seinem Clan startete, trat Rapper Bushido noch als Kläger auf. Doch im Zuge der Vernehmungen wendete sich das Blatt, als Bushidos ehemaliges Plattenlabel Aggro Berlin im Laufe des Strafprozesses vor Gericht schwere Vorwürfe erhob. Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte daraufhin Anklage sowohl gegen Bushido als auch gegen Arafat Abou-Chaker wegen des Verdachts auf räuberische Erpressung erhoben – die Vertragsauflösung sei „unter Androhung von Gewalt gegen Leib und Leben“ erfolgt sein.

Nach eigener Darstellung sahen sich die Aggo Berlin-Gründer Aggro-Gründer Spaiche, Specter und Halil Efe im Jahr 2004 mit Bushido und Arafat Abou-Chaker sowie sechs weiteren Personen konfrontiert. In deren Beisein musste Specter seine Unterschrift zur Vertragsauflösung leisten. Halil Efe sei zudem ins Gesicht geschlagen worden. Bushido bestreitet diese Ausführungen jedoch.

Während Bushido bislang nur als Zeuge vor Gericht auftrat, wurde er nun also, 17 Jahre nach den Vorfällen, zum Angeklagten.

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Wie „gangsta“ ist Rapper Bushido wirklich?

Die Anklage richtet sich gegen Taten aus lange vergangenen Zeiten. Anderen Zeiten? Wie „gangsta“ ist der Rapper heute noch? Als Familienvater mit Wohnsitz im edlen Speckgürtel von Berlin…

Sein durchtrainierter Körper und seine Tattoos sind nach wie vor sein Markenzeichen. Am Hals sitzt ein großes B-Logo, auf seinen Armen stehen die Schriftzüge „Berlin“ und „Electric Ghetto“, seinem ersten Charterfolg. Auch den Namen seiner Mutter hat sich der Rapper Bushido unter die Haut stechen lassen. Rein optisch ist Bushido damit nach wie vor der Inbegriff eines echten Gangsters.

Ersten Kontakt zur Hip Hop- und Graffiti-Szene knüpfte Bushido an dem Ort seiner Kindheit: Berlin-Tempelhof. Dort wuchs er bei seiner alleinerziehenden Mutter auf. Sein Vater, ein Tunesier, verließ die Familie, als Bushido drei Jahre alt war. Nach eigener Aussage musste die Mutter ihren erstgeborenen Sohn und den drei Jahre jüngeren Bruder mit Putzjobs über Wasser halten.

Schon in der Schulzeit war Bushido auffällig; nach eigener Aussage wurde er noch vor dem Abschluss des Gymnasiums wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und wegen Sachbeschädigung angeklagt und stand vor der Wahl, eine Ausbildung zum Maler und Lackierer zu machen oder in einer Jugendstrafanstalt einzusitzen. Er entschied sich für die Ausbildung.

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Die Akte Bushido – die Rechtsverfahren des Rappers

Mehrfach stand Bushido im Laufe der Jahre vor Gericht. So musste er sich wegen Körperverletzung verantworten, nachdem er mit zwei Begleitern einen 20-jährigen Mann zusammengeschlagen hatte, der zuvor die Reifen von Bushidos BMW zerstochen haben soll. Der Rapper wurde zu einer Strafzahlung verurteilt. Zudem war er 2014 wegen Körperverletzung an einem jungen Fan angeklagt, wurde jedoch freigesprochen.

Schon häufiger musste Bushido sich wegen Beleidigung verantworten, so etwa für schwulenfeindliche Aussagen am Rande des Christopher Street Day 2009. Im Jahr 2016 erhielt er zudem 11 Monate Haft auf Bewährung wegen versuchten Versicherungsbetrugs. Angeblich waren in seinem Geschäft Waren im Wert von 175.000 Euro sowie 185.000 Euro Bargeld entwendet worden. Die Versicherung meldete Zweifel an, und nach einer Hausdurchsuchung in Bushidos Villa erstattete die Staatsanwaltschaft dann Anzeige gegen den Rapper.

Bushido 2014 beim Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung

IMAGO / Mauersberger

Bushido ist heute kein knallharter Skandalrapper mehr

Es ist eindeutig leiser geworden um Rapper Bushido und seine Skandale in der Öffentlichkeit. Und auch die Doku soll ein Schritt in ein neues Leben markieren.

Gegenüber der „Bild“-Zeitung gab Bushido in einem Interview an: „Es gab dann einen Punkt in meinem Leben, an dem ich mir gesagt habe: Ich möchte mit bestimmten Dingen aufhören. Ich möchte mit vielen Menschen aus meiner Vergangenheit nichts mehr zu tun haben. Ich möchte mit mir selbst aus meiner Vergangenheit nichts mehr zu tun haben.“

Auch wenn Bushido sein Gangsta-Image weiterhin sowohl in seiner Musik als auch in seiner Optik pflegt, klingt immer mehr auch die sanfte und reflektierende Seite des Rappers durch. Gemeinsam mit seiner Familie lebt Bushido heute im einstigen Seemannserholungsheim am Zehlendorfer Damm in Kleinmachnow.